The Americans Seventeen

Ich will mir ein Bild der USA, dem Land und den Menschen unter ihrem aktuellen Präsidenten machen, ohne dabei auf einen Bildschirm zu starren und dabei auf das zu vertrauen, was mir auf einer rein imaginären Ebene präsentiert wird. Und das nicht nur, weil schon Alexander von Humboldt im 18. Jahrhundert die Ansicht vertrat, das die gefährlichste Weltanschauung von den Leuten verbreitet wird, die die Welt nie angeschaut haben. Vom 31.07. bis zum 15.10. reise ich daher mit Kamera und Schreiblock ausgerüstet mit einem Buick durch die Staaten, von San Francisco nach New York, von Chicago Los Angeles. Ich werde jeden Tag hier ein Statement hinterlassen.

NANA KOROBI YA OKI

Sieben Mal hinfallen, acht Mal aufstehen

20171005 Shinya Kimura Chabott Engineering 3Mit der Ankunft in Los Angeles wird es Zeit diesen Blog zu beenden. Wenn Du Amerika erfahren willst, dann musst Du Dich auf die Straße begeben! Diesen Rat habe ich der Vergangenheit befolgt und auch dieser Reise spielte die Straße die zentrale Rolle.

Ich wollte dem Verlauf der 50 von West nach Ost folgen und habe sie bereits nach wenigen hundert Meilen aufgegeben, um anderen Straßen zu folgen. Dass sie mir dann auf dem Rückweg wieder unter die Räder kam und ich ihrem Verlauf dann doch über viele Meilen folgen durfte, betrachte ich als ein Geschenk des Schicksals.

Mitgefühl

20171003 Mitgefühl 7Das mit dem Mitgefühl ist eine merkwürdige Sache. Seit ich mich auf meinem Weg befinde, bin ich von einer wahren Flut an Mitgefühl umgeben. Ganz zu Beginn setzte der Regen weite Teile von Texas unter Wasser, dann hat es die Menschen in Florida erwischt. Puerto Rico, wurde ebenfalls vom Sturm gebeutelt und nun das Morden in Las Vegas und immer setzt eine Flut an Mitgefühl ein. Die Menschen lassen einer fast schon hysterisch anmutenden Anteilnahme freien Lauf und setzen einen durchaus beeindruckenden Geld- und Unterstützungsfluss in Gang.

Beim Einkaufen in Los Angeles werde ich gebeten, etwas für die Opfer in Las Vegas zu geben. Beim Einkaufen in Oakland werde ich gefragt, ob ich etwas für die Opfer in Texas tun möchte und in New York spricht man mich auf der Straße an, doch etwas für die Opfer in Florida zu geben. Alles in allem eine gute Sache und doch  stellt sich mir die Frage, wo das Mitgefühl, wo die Anteilnahme für die schreiende Frau bleibt, die ich in meinem letzten Beitrag erwähnte.

Die dunkle Seite der Machtlosen

20171002 Erste Gedanken zum Sinn 6Während ich mich zunehmend mit der Frage nach dem Sinn des, meines Lebens beschäftige, scheinen andere bereits eine, wenn auch traurige Lösung gefunden zu haben und ich frage mich, was mit den Menschen und der sogenannten Zivilisation in meiner Zeit los ist.

Voller Überzeugung, wird mir von den Vertretern der Politik, des Militärs und der Polizei über die Medien verkündet, das sich die Geschichte des Mordens und Tötens wie es in der Vergangenheit stattgefunden hat, in der Gegenwart so nicht mehr wiederholen wird. Die Betonung liegt dabei offensichtlich auf dem „so nicht mehr“. Denn schaue ich auf die Wahlergebnisse der direkten Vergangenheit, schaue auf Nord Korea, höre etwas von Feuer und Sturm, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat, schaue auf Spanien, blicke ich auf einen Vorhang, der aus einem Hotelfenster in Las Vegas weht, beschleicht mich der Zweifel.

Das Schließen der Kreise

20171001 Das schließen der Kreise 1Es heißt, dass die Zeit im Alter schneller vergeht. Dass es sich dabei lediglich um eine gefühlte Wahrnehmung handelt, zu der jeder seine eigene Meinung hat dürfte klar sein. Bei meinen bisherigen Reisen durch die USA hat es immer ein klares Ziel gegeben und der Zeitrahmen beschränkte sich dabei auf drei bis vier Wochen, die, wie sollte es anders sein meist wie im Flug vergingen.

Es gab Interessen, es gab Vorgaben und es gab klare Ziele. Und weil ich auf diesen Reisen nicht alleine unterwegs war, gab es ein, zwei weitere Interessenstränge, die verfolgt werden wollten und damit einen Einfluss auf die Zeit nahmen.

100% Nicole

20170926 100 Nicole 1Wenn man sich in der Gegend um Las Vegas befindet und sich in seinen Gedanken mit dem Sinn des Lebens im allgemeinen und dem des eigenen Lebens im speziellen beschäftigt, wird man sehr schnell feststellen, dass hier Welten aufeinander prallen. Während ich mich immer weiter in mich selbst zurückziehe, gibt hier eine geballte Konzentration auf das Außen den Takt des Lebens an.

Auch wenn es überheblich klingen mag, habe ich das Gefühl das in den USA so gut wie jedes Klischee mit Leidenschaft offen vor sich her getragen wird und es den Menschen, die diese Klischees erfüllen, völlig egal zu sein scheint, dass sie sich scheinbar freiwillig und ohne jede Not selbst in einen Rahmen pressen, über den ich nur mit dem Kopf schütteln kann.

Jedem das Seine

20170925 Jedem das Seine 5Deutschland hat gewählt und die sozialen Netzwerke explodieren nahezu vor mehr oder weniger geistreichen Kommentaren zur Lage der Nation. Nun ist Deutschland im Augenblick nicht mein Thema und ich möchte an Stelle eines Beitrags einen Link einfügen, der das Ganze in die für mich passenden Worte fasst.

https://www.youtube.com/watch?v=BVpnrTkQqTI

Allerdings bin auch ich auf Grund einer Wahl im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Amerika hat ebenfalls gewählt und schenkt man der Welt glauben dann haben die Amerikaner sich für einen Idioten entschieden. Warum auch nicht,  sieht man sich die Ergebnisse in England und nun auch in Deutschland an, dann  sind die Amerikaner in ihrer Wahl zum Schwachsinn  offensichtlich nicht allein auf der Welt. Unabhängig davon ob das mit dem Idioten nun stimmt oder nicht, habe ich mir gedacht, dass in den USA nun sicherlich einiges los sein wird. Protestler und Befürworter, die sich unversöhnlich gegenüber stehen. Aufruhr, Wiederstand, Umbrüche, ein Land in Bewegung. Ich kann im Rückblick und nach gut zwei Monaten im Land allerdings kaum noch sagen, was ich mir im Einzelnen so alles vorgestellt habe. 

Mikrokosmos Motel 6 Office

20170920 Am Strassenrand 3Während ich das Auto auf dem Parkstreifen vor dem Motel 6 Office ausrollen lasse, stelle ich fest, dass zeitgleich noch zwei weitere Fahrzeuge ankommen. Nun heißt es schnell sein, doch zum Glück befinden sich in beiden Fahrzeugen Frauen neben dem Fahrer. Das bedeutet, dass nicht ausgestiegen und zum Office gegangen wird, bevor nicht noch etwas im Auto gekramt wurde und das bringt mir zumindest auf dem Weg zum Office einen entscheidenden Vorteil.

Die Frau, die im Office auf mich wartet, lässt mich kurz Zögern. Normalerweise treffe im Motel 6 Office auf Seilschaften sozialer Minderheiten. In der Gegend um Oakland waren es Mexikaner, Richtung Montana waren es Asiaten, weiter Richtung Osten Inder und in der Gegend um New York Schwarze. Und alle zeigten innerhalb ihrer Seilschaften einen gewissen Witz, wirkten jedoch um Umgang mit dem Kunden ein wenig ausgebrannt und lustlos. Hier in New Mexico hätte ich wieder mit Mexikanern gerechnet, werde aber von einer einzelnen Weißen begrüßt, die noch dazu vor Lebensfreude zu sprühen scheint.

Ein besonderer Tag

20170923 Ein besonderer Tag 1Gestern, Samstag, wäre es für mich und die für Menschen, die mich seit gut 20 Jahren auf meinem Weg begleitet haben, ein besonderer Tag gewesen. Haguruma Daiko hätte sein 20. jähriges Bestehen mit Freunden und Familie gefeiert. Und wenn alles wie geplant gelaufen wäre, hätte ich meine Entscheidung bekannt gegeben, die Taiko in Zukunft nur noch in der Gesellschaft von Freunden und in der ursprünglichen Freude mit der ich die Taiko zu Beginn wahrgenommen habe zu schlagen und den offiziellen Unterricht einzustellen.

Nun, es ist leider anders gekommen und ich muss mich wohl daran gewöhnen besondere Tage in Zukunft alleine zu verbringen. In den letzten Tagen habe ich oft an das geplante Fest denken müssen. Am Samstag selbst, hätte ich das Ereignis dann aber möglicherweise vergessen, hätte mich eine Freundin nicht daran erinnert und mir ihre Gedanken dazu mitgeteilt.

Vom platten Reifen und eingegrabenen Cadillacs

20170916 Cadillac Ranch 1Wer die Ruhe sucht, muss die Unruhe hinter sich lassen. Am Stadtrand von St. Louis führt mich mein Weg auf die alte 66. Eine Strecke von gut 6 Stunden vor mir, hoffe ich die letzte große Stadt im Rücken auf etwas Ruhe. Dass ich direkt auf die Zeit meines Babydolls zusteuere, signalisiert mir der schwarze Pickup, der sich statt mich zu überholen, auf einer Höhe zu mir hält. Aus dem dunklen Innenraum heraus leuchten mich große Augen an und ein paar dunkle Hände mit hellen Handflächen versuchen meine Aufmerksamkeit mit wilden Bewegungen auf das Heck meines Autos zu lenken.

Ich lasse das Fenster herunter und der Schwarze auf dem Beifahrersitz des Pickups schreit etwas von Air und Tire zu mir herüber. Dann gibt der Fahrer Gas und ich Lenke das Auto an den Rand der Straße. Wie war das noch gleich mit der auf dem Winkelschlüssel wippenden Elfe, dem Babydoll und dem Gefühl mit einem relativ neuen Auto auf der sicheren Seite zu sein?