3000 km Royal Enfield Bullet EFI

Ein Fahrbericht von Frank Bick
1937 kam die Bullet Modellreihe mit 350 und 500 ccm Einzylindern auf den Markt und blieb bis 1962 ohne große Veränderung im Programm. Allerdings wurde seit 1954 in Indien produziert und nach der Firmenpleite von Royal Enfield 1970 wurden sämtliche Produktionseinrichtungen aus England ins ehemalige Kolonialland verkauft. Seit dieser Zeit wird die Bullet "Made in India" in Madras gebaut. Im Jahr 2007 war die letzte Änderung fällig. Um den Abgasnormen zu entsprechen wurde die Bullet zum Benzin-Einspritzer und bekam ein neues Motorgehäuse und einen elektrischen Anlasser.

Auch die moderne Bullet von 2015 ist noch immer schnell zu erkennen. Das Motorrad mit den Blechteilen und Speichenrädern sieht nicht nur aus wie ein Kleinod längst vergangener Zeiten, sie wird auch immer noch so hergestellt. Stück für Stück wird der größte Teil des Motorrads in Indien handgefertigt, lediglich Elektronik, Batterie und Einspritzung stammen von anderen Herstellern. Auch die Zierlinien werden von Hand aufgetragen.

Im August letzten Jahres bekam ich aus der Eifel von Fritz Wetzlar (Eifeltec) eine 2015er Bullet mit 0 km auf dem Tacho überreicht. Das Motorrad kostet ohne weiteres Zubehör 4.999 Euro. Ich bestellte noch eine originale Ledertasche für etwa 160 Euro dazu, die nach den 3000 km noch wunderbar aussah, allerdings aber am Rahmen zu Abschürfungen führt. Man sollte die entsprechenden Stellen vorher mit Panzertape schützen (Link zu den Ledertaschen). Ansonsten schraubte ich ein Ram-Mount System mit Garmin Zumo 660 an den Lenker und schloss den Kabel direkt an die Batterie an. Noch ein Tankrucksack von Hein-Gericke auf den 12l Tank und das Motorrad war fertig für die kleinen und mittleren Touren am Niederrhein. Die Technik der Bullet ist schnell erklärt. Rechts gibt es den E-Start Knopf, den Notaus-Schalter und den Licht-Aus-Schalter, der sehr praktisch ist wenn der Strom schwach ist, man schaltet das Licht aus, Zündung an und ein beherzter Kick läßt den Motor blubbern. Wenn es kalt ist wird auf der linken Seite der Kaltstart Hebel heruntergedrückt. Dort ist auch eine Lichthupe, der Blinkerschalter und die Wahltaste für Abblend- bzw. Fernlicht.

Das Cockpit der Bullet ist recht übersichtlich. Es gibt neben Geschwindigkeitsanzeige, die etwa 15 km/h mehr anzeigt, den Gesamtkilometerstand und 3 Leuchten eine Neutral Leuchte, eine Fernlicht Leuchte und die Blinkerleuchte, die seit Kilometer 100 etwa ihren Dienst versagt hat. Mit dem Zundschlüssel lassen sich abgesehen vom Startvorgang Batteriekasten, Luftfilterkasten und Elektrokasten abschließen. Die Paßgenauigkeit ist bei diesen Deckeln etwas großzügig bemessen, so fummelt Mann schon ein paar Minuten wenn die Deckel ab waren.

Die Bullet kommt mit einem 499 cc 1-Zylinder Langhuber mit Keihin Motormanagement daher. Die 28 PS ermöglichen Geschwindigkeiten bis zu 129 km/h. Gestartet wird über Kickstarter oder aber Elektrostarter von DENSO. Das Fahrzeug wiegt etwa 185 kg und ist recht niedrig mit einem niedrigen Schwerpunkt. Schon 165 cm Körpergröße sollten ausreichen um bequem zu fahren und beim Anhalten nicht direkt umzufallen. Die dünnen Reifen vorn wie hinten machen das Motorrad zudem sehr wendig und leicht steuerbar. Ich passe mit 180 cm Größe gut auf die 800 mm Sitzhöhe, sitze bequem auf der Doppelsitzbank. Auch zu zweit läßt sich bequem fahren, allerdings geht die Leistung spürbar in den Keller.

Wenn die Zündung eingeschaltet wird blinken ein paar Lampen auf und die Einspritzanlage surrt kurz. Dann ist die Bullet startbereit. Egal ob mit Kickstarter oder E-Starter, sie springt bei Minusgraden genauso gut an wie bei hohen sommerlichen Temperaturen. Bei Kälte wird kurz der Kaltstart Schalter gehalten, kann aber nach etwa 1 Minute bereits losgelassen werden. Das Fahrzeug blubbert dann sehr langsam vor sich hin, mit zitterndem Vorderrad. Wer mit Kickstarter starten möchte stellt das Fahrzeug am besten auf den Hauptständer und sich selbst auf die rechte Seite. Man sucht dann den höchsten Punkt und und ein beherzter aber nicht allzu schwerer Kick lässt das Fahrzeug anspringen. Das Fahrzeug schlägt nicht zurück wie Harleys oder die Eintöpfe von Yamaha. Überhaupt ist der Motor als gutmütig einzustufen. Die Kupplung ist leichtgängig, die 5 Gänge lassen sich butterweich schalten. Dank des drehmomentstarken Langhubers ist die Bullet für Anfänger wie Profis gleichermaßen geeignet. Der Verbrauch pendelt sich bei 3-4 Litern Superbenzin ein wenn nicht Vollgas Autobahn gefahren wird. Ab 80 km/h etwa werden die Vibrationen stärker, bei 100 km/h vibriert das Motorrad stärker, so dass ich eigentlich nicht auf die Idee kam schneller zu fahren. Bei einem Test fuhr die Bullet dennoch 132 km/h gemäß Navigationsgerät. Bei trockener warmer Straße haften die Reifen gut und sportliche Schräglagen sind ohne Probleme möglich. Bei holperigem Asphalt hingegen ist die Haftung nicht perfekt, was aber vom hart abgestimmten einfachen Fahrwerk kommt. Die Federwege sind kurz, das Ansprechverhalten der Federelemente nostalgisch. Wer viel Zeit und lange Reisen mit einer Bullet vor hat, sollte sich im Zubehör besser ausstatten, beraten wird man diesbezüglich gut bei Eifeltec. Nach 1000 km war die Einfahrinspektion fällig, die ich bei der Royal Enfield World Duisburg durchführen ließ.

Die 1000 km Inspektion kostet unter 100 Euro und ist schnell gemacht. Ein Dichtungskit von Royal Enfield und Öl wird benötigt. Ventile müssen nicht eingestellt werden, da diese über Hydrostößel automatisch eingestellt werden. Nach der Inspektion wurde die Bullet in flotterer Gangart bewegt. Das Fahrzeug liegt auch bei über 100 km/h ruhig und die Bremsen sind für die Leistung ausreichend. Richtig wild zu Beschleunigen ist mit dem Langhuber nicht möglich, dafür aber die ruhige Landstraßen Fahrt in der Freizeit. Entschleunigung, Entspannung und Freizeitgenuß sind die Schlagworte die zu diesem schönen Motorrad passen. Daher eignet sich die Enfield hervorragend als Fahrzeug für die Ausfahrt mit der Familie, die Kinder sitzen bequem und fühlen sich sicher. Nebenbei wird Mann oder Frau noch allernorts auf das Fahrzeug angesprochen. Zeit genießen sollte der Slogan von Royal Enfield heißen, denn das macht Mann, Frau und Familie mit diesem Fahrzeug.
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