Der erste Teil meines Weges liegt hinter mir. Eine Strecke, die auf dem kürzesten Weg knapp 3000 Meilen betragen würde, habe ich mit all den genommenen Abzweigen auf 7289 Meilen verlängert. Die ursprüngliche Absicht, das Land dem Highway 50 folgend zu durchqueren, habe ich bereits nach den ersten Abzweigen aufgegeben.
Die 50 wurde mir in einer alten Reisebeschreibung als die einsamste Straße Amerikas angepriesen und ich hielt es für eine gute Idee, mich dieser Einsamkeit anzuvertrauen. Mit dem ersten Abzweig, habe ich jedoch festgestellt, dass das mit der Einsamkeit der Straßen so eine Sache ist. Wer die ausgefahrenen Wege der Gegenwart verlässt und stattdessen, die scheinbar nutzlos gewordenen Wege der Vergangenheit befährt, befindet sich immer und überall auf einer der einsamen Straßen des Landes.
Ich habe diese Einsamkeit dazu genutzt, mir eine Frage zu beantworten, die mich bereits seit meiner Jugend beschäftigt und bei der ich sicherlich nicht der einzige bin, dem sich diese Frage stellt.
Wie wäre es, einer Straße einfach bis zu ihrem Ende zu folgen. Ohne Termin, ohne Ziel, ohne die Normalität, die mich zum Abbruch meiner Bewegung zwingt und in die Erwartungen eines gesellschaftlichen Korsetts presst.
Nun, es fühlt sich gut an, schon alleine deshalb, weil sich daraus es neben einem, ich habe es gemacht, weil ich es will und weil ich es kann, keinen weiteren, für andere nachvollziehbaren Sinn ergibt. Mir sind auf diesem Weg zahllose Menschen begegnet, die sich offensichtlich auf einem dieser weiten Wege befinden, die nichts mit den normalen gesellschaftlichen Wegen zu tun haben.
Sie sind mit Autos unterwegs, in denen sie zu wohnen scheinen, auf Motorrädern, auf Fahrrädern, mit Einkaufwagen oder einfach nur mit ein paar Tüten unter dem Arm. Es sind nicht die Menschen, die mir auf meinem Weg an den Auffahrten zu den Autobahnen begegnen und mich mit einem Schild über das zentrale Thema ihres Lebens in Kenntnis setzen. Dabei sind Obdachlosigkeit und der Hunger doch bereits offensichtlich.
Die Menschen, die sich auf dem Weg befinden, sind anders. Schon alleine, weil sie niemanden ein Schild hinhalten. Nichts von mir oder von anderen wollen und weil sie in Bewegung sind und bleiben. Jeder auf seine ganz eigene Art und Weise und jeder entsprechend seiner Möglichkeiten.
Die rein sachliche Frage, nach dem Ende eines Weges, beantwortet das Wasser. Egal in welche Richtung ich mich wende, werde ich zu irgendeinem Zeitpunkt am Wasser enden. Mit dem Pazifik im Rücken, habe ich mich auf den Weg gemacht und der Atlantik setzt diesem Weg ein Ende. Seltsamer Weise habe ich mich dabei auf den Punkt zubewegt, den ich als Heimat bezeichnen könnte, würde ich ihn noch als Heimat empfinden. Und seltsamerweise werde ich dieser Heimat auf dem Weg, auf dem ich mich im Augenblick befinde, nie mehr näher sein, als ausgerechnet an dem Punkt, an dem der Highway 6 in östlicher Richtung auf den Atlantik trifft und im Sande verläuft. Ich kann das Auto abstellen und noch ein paar Schritte in Richtung Meer gehen und das soll es dann auch gewesen sein. Einen Kontinent im Rücken und die Weite des Atlantiks vor mir.
Von Küste zu Küste
Peter Su Markus