Custombike Fukker Wettbewerb 2016 / Teil 7

Akashi Sweets

Zeige mir was du kannst und ich sage dir wer du bist

"Kunst kommt von können", ein geflügelter Ausspruch, vor allem dann, wenn in der Custombike Szene, allerorten über die Werte der Kunst theoretisiert wird und das eigentliche, die handwerklichen Fähigkeiten immer weiter in den Hintergrund zu treten scheinen. Blicke ich auf meine aktive Motorradzeit, die mit dem Umstieg auf vierädrige Fahrzeug vor etwa zwei Jahrzehnten einen massiven Umbruch erfuhr, dann reduzieren sich meine Fähigkeiten in der von mir an dieser Stelle beschriebenen Kunst, auf die bloße Vorstellung wie etwas sein könnte, wenn ich handwerklich dazu in der Lage wäre etwas herzustellen.

Das scheint kompliziert, trifft jedoch bei kritischer Betrachtung auf eine Vielzahl der Protagonisten zu, die sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt in der Welt der Custombikes bewegen. Sich etwas vorstellen, das können einige, auch wenn sie sich dabei gerne von den Fahrzeugen der tatsächlich kreativen und handwerklich befähigten Schrauber inspirieren lassen und darüber die Idole der Szene schaffen. Bei der realen Umsetzung einer, der eigenen Vorstellung folgenden Idee, beginnen sich jedoch die Reihen zu lichten und in den Prozess der Fertigung beziehungsweise dem Abschluss kommt kaum etwas.
In der Realität, sieht dieser von mir theoretisch entwickelte Gedanke wie folgt aus. Wie viele andere Motorräder der 70ger und 80ger Jahre, wurde das Heck eines Motorrades von den jeweiligen Herstellern gerne in einem aufwendig geformten Abschluss, gerne aus Kunststoff gestaltet. So ein Heckabschluss sah nicht nur gut aus, sondern bot auch die Möglichkeit die erforderlichen Beleuchtungskörper optisch ansprechend unterzubringen und gleichzeitig alle dazu benötigten Steckverbindungen auf einfachem Weg aus dem Blickfeld zu schaffen.
Wie es unter diesen formschönen Verkleidungen aussah, schien weder den Hersteller noch den Kunden zu interessierten und entsprechend zusammengekleistert sah es in vielen Fällen auch aus. Blicke ich unter das Heck der von mir gewählten Basis, stelle ich mit großem Bedauern fest, dass der von mir so sehr geschätzte Hang der Japaner zu einer in vielen Bereichen auf die Spitze betriebenen Perfektion, an dieser Stelle offensichtlich an der sichtbaren Oberfläche endete. In der qualitativen Bewertung der hier abgelieferten handwerklichen Arbeit, gibt es kaum einen Grund das Kind nicht beim Namen zu nennen. Auch wenn die Verantwortlichen bei Kawasaki, ihre GPZ in den 80ger Jahren als ein Fahrzeug der gehobenen Mittelklasse verstanden wissen wollten, wurde hier eindeutig Schrott abgeliefert. Zwar erfüllte das Heck die für den Sitz und die Heckabdeckung notwendigen Anforderungen, damit hatte es sich dann aber auch schon.
Nun mögen einige einwenden, dass man bei einem Massenprodukt immer auch die Kosten in der Herstellung im Auge behalten muss und sich Einsparungen am besten im nicht sichtbaren Bereich machen lassen. Doch sehe ich genau an dieser Stelle, den Ruf einer nicht gegebenen Wertigkeit begründet, mit dem sich viele der aus Asien stammenden Marken bis in die Gegenwart hinein herumzuschlagen haben. Amerikanischen Eisen besitzt den Ruf des Schwermetalls nicht, weil seine Rahmen aus billigen Pressblechen zusammengeschustert wurden! Deutsche Wertarbeit besitzt ihren Ruf nicht, weil die Qualität dieser Arbeit unter der Oberfläche endete! Doch das ist eine andere Geschichte.
Obwohl die Unterkonstruktion der GPZ mehr oder weniger fragwürdig aussieht und noch fragwürdiger ausgeführt wurde, sollen zwei beherzt ausgeführte Schnitte mit der Flex genügen, um dem Ganze ein gänzlich anderes Bild zu verleihen. Obwohl Teile des Hilfsrahmens ab Werk mit Pressblechen verstärkt wurden, besteht der Kern wie bei frühen Fahrzeugen aus Rohr. Dass dieses Rohr eine Wandstärke von lediglich einem Millimeter aufweist, sei hier nur am Rande erwähnt. Für meine Zwecke soll es reichen. Mein Plan, das ins Nichts ragende Heck abzuflexen und mit einem Rohrbogen zu einem optisch ansprechenden Abschluss zu bringen, dürfte eigentlich kein Problem darstellen.
Leute, die jemanden kennen, der jemanden kennt, der schon mal einen solchen Rohrbogen hergestellt hat, sind schnell gefunden. Leute die die Beschaffung eines solchen Rohrbogens für keine große Sache hielten ebenso. Am Ende soll mir jedoch keiner dieser Leute eine Hilfe sein. Denn auch wenn viele der Meinung sind, das es sich beim Biegen eines Rohrs zu einem Bogen um keine große Sache handelt, war in der Folge niemand dazu in der Lage den gewünschten Bogen mal eben so zu biegen.
Am Ende war es an Peter Mathea von der Bike and Art Kustom Kitchen aus Recklinghausen, mir den benötigten Bogen zu besorgen. Mit einer Wandstärke von 2,5 mm, ist  der Bogen fast so schwer wie der gesamte Hilfsrahmen, bietet mir jedoch die Möglichkeit ihm in einer Schmiede unter Einsatz von Feuer und Schweiß den letzten Schliff zu verpassen. Um die Herstellung der, zum einschweißen benötigten Zwischenstücke und das Einschweißen selbst kümmert sich dann wieder Peter Mathea.

Habe ich zu Beginn des Umbaus noch das Gefühl die Linie meines Projektes zu bestimmen, übernimmt die GPZ nun mehr und mehr die Führung und bestimmt damit selbst was sie braucht. Wie das gehen soll? Nun, die Summe aller Auf- und Umbauten dürften wohl vom Ego des Erbauers oder des zukünftigen Besitzers eines Umbaus geprägt sein. Auch wenn ich keine klaren Vorstellungen habe, was aus der GPZ mal werden soll, spielt mein Ego, der Wunsch sie meinen Vorstellungen entsprechend umzugestalten zunächst die für mich führende Rolle.
Natürlich lag die Entscheidung was abgebaut wird und was davon auf dem Müll landet bei mir. Und auch die Entscheidung das Heck abzuflexen und mit einem Schlauchstück einen Rohrbogen zu simulieren, wurde von mir getroffen. Das GPZ die Führung übernimmt, merke ich als ich beginne all, die Teile, die ich mir bereits besorgt habe, zurück ins Regal zu schieben. Der M Lenker, ein Relikt aus den 80gern, denn ich unbedingt verbauen wollte, ging plötzlich überhaupt nicht mehr und selbst der Superbike Lenker der eigentlich immer geht, ging hier nicht mehr.
Selbst so einfache Teile wie die Griffe, werden von der GPZ verweigert. Was ich mir in meiner Wunschvorstellung so einfach und schön vorstelle, gestaltet sich zunehmend schwierig. Und ich muss mir eingestehen, dass meine Wünsche und Vorstellungen zunehmend in den Hintergrund treten. Wenn ich an anderer Stelle schreibe, das ich keinen der gängigen Stile folge und mich auch nicht an einer der angesagten Modeströmungen orientiere, muss ich an dieser Stelle ergänzen, das auch die Meinung der Szene für mich keine Rolle mehr spielt. Es geht nicht mehr darum zu gefallen, sondern darum der japanischen Seele der GPZ Wurzeln gerecht zu werden und darauf zu hören was mir diese Seele sagen will.
Rahmenheck bekommt neuen BogenRahmenheck bekommt neuen BogenRahmenheck bekommt neuen BogenRahmenheck bekommt neuen BogenRahmenheck bekommt neuen Bogen
So betrete ich meine Garage mit zunehmend gemischten Gefühlen. Ich baue etwas an und habe das Gefühl die GPZ schüttelt sich. Wenn etwas stimmt, dann scheint es mir zu 100 % zu stimmen. Sitze ich in der Garage, dann scheint die GPZ mit mir zu sprechen. Schließt sich das Garagentor hinter mir, befallen mich Zweifel ob dieser Weg der richtige ist. Es ist der richtige! Alles was den Weg an die GPZ findet, gehört dorthin. Kunst kommt von können! Die Frage woher das Können kommt, beantworte sich für mich in der Aufgabe des Egos und dem sich öffnen für das, was benötigt wird um die allerorts angestrebte Harmonie zu erreichen.

Text und Fotos: Gasolin Alley Garage
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