24. August
Kurz vor acht. Eben habe ich meinen ersten Dauerlauf mit Rucksack hingelegt. Ich war bereits ein ganzes Stück den Berg rauf, als sich unter das Wuopp, Wuopp der Windräder ein Grummeln schob. Als ich den ersten Blitz sah, fing es auch schon an zu regnen. Bevor die Tropfen so richtig groß wurden hatte ich die Herberge, die ich kurz zuvor verlassen hatte wieder erreicht und mir einen weiteren Tee gemacht.
Es sieht bereits schon wieder ganz gut aus, aber ich finde, dass ich mit einem Gewitter in den
Bergen kein unnötiges Risiko eingehen muss, zumal eine feste Behausung in Reichweite war.
Ich glaube, dass da gerade meine Französin mit zwei Stöcken und Regencape angestakst kommt. Ja das Gewitter hat mich etwas zurückgeworfen, denn die aus dem Nachbardorf waren bereits unterwegs, als der Regen kam und konnten sich nur unter die Ponchs retten. Aber wie sagen meine Freunde, die Spanier so schön? Todo tranquilo, immer ruhig! Ich packe dann aber auch wieder zusammen und dann sehe ich weiter. Die Schwalben sind auch wieder unterwegs, ein gutes Zeichen.
Nach 200 Höhenmeter war der Scheitelpunkt erreicht und von dort an ging es neun Kilometer nur Bergab, die Arbeit von über 900 Höhenmeter dahin. Allerdings war es ein ganz toller Weg zunächst durch Kiefernwald, gesäumt von Erika, später wurde daraus ein völlig verwachsener und vermooster Altwald. Herrlich ruhig und es duftete nach dem Regen ganz vorzüglich.
Der Stausee, wurde an der Staumauer überquert und unmittelbar danach, gings auch wieder hoch, anderthalb Stunden lang. Auf halben Weg fing es heftig an zu Gewittern. Und es ist ja schon gigantisch, wenn nach so einem Dreierblitz, der entsprechende Dreifachdonner durch die Täler zieht und du meinst, die Luft vibriert. Herrlich! Wenn
ich dem Gewitter schon nicht aus dem Weg gehen kann, kann ich es wenigstens genießen.
Du kannst hier natürlich nicht das Spiel -Vor Eichen weichen, Buchen suchen- spielen, weil es keine Buchen in Spanien gibt. Jede Menge Eichen, aber keine Buchen. Ja natürlich sucht sich der Blitz immer die höchste Stelle, aber... Wenn du unter einer Buche stehst, wenn der Blitz einschlägt ist das so, als würdest du in Birkenstock mit Korksohle einen Nagel in die Steckdose stecken. Nicht schön aber auch nicht tragisch. Die Eiche aber, als Störfeldliebhaberin, steht total gerne auf Wasseradern, im Feuchten und wenn da der Blitz einschlägt, kommt es so als würdest du den Nagel in die Steckdose stecken, während du in einer mit Wasser gefüllten Fußwanne stehst. Gewaltig!
Mittlerweile hängt meine Wäsche auf der Leine und ich habe den ersten kleinen Smalltalk mit, naaa? Meiner Französin gehalten.
Ich befinde mich mich im spanischen Schiefergebiet. Du meinst du bist im Bergischen oder im Hunsrück. Alles ist hier mit Schiefer verkleidet, die Dächer mit Schiefer gedeckt, oder ein Haus ganz aus Schieferstein gebaut. Selbst der Boden der Herberge ist mit Schiefer gefliest.
Stabil will das Wetter heute nicht werden, gerade habe ich meine Wäsche trocken von der Leine geholt, geraten Mitpilger völlig aus dem Häuschen, weil es wieder regnet und die Wäsche draußen hängt.
Und morgen werde ich zu allem Überfluss, auch noch die Grenze nach Galizien überschreiten, das als das Regenloch Spaniens gilt. Aber mit meinem Poncho, laufe ich so, aber sowas von wasserdicht durch die Gegend, dass ich manchmal meine ich hätte ein Hauszelt auf dem Kopf.
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26. August
Wie immer war auch gestern ab sechs Uhr großes Aufbrechen. Allerdings war in allen Räumen, Küche, Aufenthaltsraum so viel Herktik und Lärm, dass ich liegen blieb bis es gaaanz ruhig war. Dann habe ich mich in Ruhe fertig gemacht, gefrühstückt und war erst um Viertel vor Neun auf der Straße.
Das schöne daran, dass die Herbergen soweit auseinander liegen ist, dass ich genau wusste, überholen tut mich keiner mehr, ich bin heute hier der letzte.
Der Nachteil, du kannst dir den Weg nicht einteilen, wie es dir gefällt und was wichtiger ist, wiedu es glaubst zu schaffen. Du kannst nur sagen, das muss ich schaffen. Und dass ich gestern meine persönliche Grenze überschritten habe, habe ich gemerkt, als ich nach einem leichten Abendessen, dass ich bereits um sieben zu mir genommen habe, zitternd und frierend Richtung Herberge schlurfte und komatös einschlief. Die gestrigen nur 25 km, fingen mit einem vierstündigen Aufstieg an und hatten in ihrer Folge noch so einige Highlights zu bieten, sodass ich wieder in der Gesamtheit auf knapp 1.000 Höhenmeter kam, was für mich mit dem Rucksack definitiv zu viel ist.
90% der Pilger, hier auf dem Camino Primitivo, sind nicht nur deutlich jünger, sondern haben auch Rucksäcke die kleiner sind als Carinas Handtasche. Und die ist nicht groß, die Handtasche. Das ist hier auch nicht ganz so schwer, weil der Camino Primitivo mit seinen 650 km in vier Wochen zu schaffen ist, sodass leichtes Gepäck kein Problem darstellt. Wenn du für mehrere Monate packst, ist es schon was anderes.
Mich persönlich stellen die langen Etappen noch vor ein ganz anderes Thema. Ich treffe mich am 09.09. mit Carina in Santiago de Compostela und ich habe eine durchschnittliche Etappenlänge von 14 km errechnet. Gestern habe ich die Etappen bis Santiago durchgeplant und komme, mit Goodwill und Etappenlängen von teilweise unter 10 km nicht über 11 Etappen und bis zum 09. September sind es noch 15 Tage.
Also werde ich schon mal heute hier in Fonsagrada ein Tag der Regeneration, mit Wäsche waschen verbringen. Fonsagrada ist eine nicht schöne Stadt auf dem Berg. Interessant, dass sie bereits 15 km vor Erreichen immer wieder gesehen werden kann, aber doch noch etliche Täler entfernt ist.
Der Weg gestern war eher unscheinbar, natürlich gab es auf dem Pass wieder eine herrliche
Fernsicht, die sich aber von denen der letzten Tage nicht unterschied, sodass selbst ein Foto überflüssig wurde. Im Grunde ist es zur Zeit ein Abwandern. Was natürlich nicht heißt, dass ich jetzt mit gleichgültigen Augen durch die Gegend laufe.
Zum Beispiel ist mir mein erster blauer Enzian untergekommen. Bisher hatte ich in Bayern nur den gelben Enzian, ein ganz anderer Planzentyp sehen und fotografieren dürfen. Und schon trällerte der olle Heino in mir, Blau, blau, blau blüht der Enzian, wenn...
Und noch, eine Besonderheit gab es. Ich betätigte mich als Grenzgänger und verließ das
Herzogtum Austurien um nach Galicien einzuwandern. Den Genießern der spanische Küche wird der Pulpo galicischer Art ein Begriff sein, dass aber jedes Restaurant und jede Bar den Beinamen Pulperia trägt, hat mich dann doch überrascht.
Ebenso wie gestern Morgen, ist es auch heute sehr nebelig. Ein gutes Relaxwetter!