18. August
Upps, da habe ich irgendwie das Höhenprofil der App verschoben. Die etwas über dreihundert Meter von heute, waren zwar auch schon ganz knackig, aber für eine Bergwanderung eher ein Schmunzler.
Nun, dann gehts halt morgen richtig los. Im Café Casino meines Etappenziels, gibt es die besten Carnebocadillios. Fleischbrötchen. Ein Geheimtipp unter spanischen Pilgern. Ich muss unbedingt... Was? Für diese Bocadillos bist du gerne eine halbe Stunde kein Vegetarier. Ich nehme ein Tortillabrötchen und einen schwarzen Tee, nach dem Django die Hälfte meines Proviantes gegessen hat. Django? Ich saß auf der Hälfte des Weges im Laubengang der romanischen Kirche Santa Eulalia, machte Rast und stellte mir vor, wie viele Pilger hier schon gesessen haben um zu rasten, sich vor Regen zu schützen oder sogar im Schutze des Daches übernachtet haben. In dem Moment pünktlich, als Brot und Käse offenlagen, kam ein Streuner um die Ecke, als ich sah, dass er keinerlei aggressives Verhalten an den Tag legte, bot ich ihm etwas Brot an, was er mir vorsichtig aus der Hand nahm und auf den Boden legte. Du willst jetzt aber nicht meinen Käse? Natürlich wollte er meinen Käse. Bekam aber nur eine Scheibe, denn verhungert sah er nun wirklich nicht aus. Danach teilten wir uns noch einen Rest Butterkuchen, den er zu lieben scheint. Immer schön abwechselnd, ein Scheibchen für ihn, ein Scheibchen für mich.
Die spanische Gemeinde hier auf dem Primitivo, ist schon eine andere als das was ich bisher mitbekommen habe. Herzlicher, derber und einlandender wenn man einmal ein paar Worte gewechselt hat. Von links Toni aus Barcelona, Miguel der Hüne, Herkunft mir nicht bekannt, Ernesto aus Barcelona, Joan aus Sevilla und Frank aus Wuppertal.
Nun sitze ich hier in einer wunderschönen und ebenso gut ausgestatteten Herberge in Cornellana. Es handelt sich um eine alte Klosteranlage, die zur Verzweiflung einiger Historiker entgegen aller Versprechungen nicht saniert beziehungsweise zumindestens erhalten wird, sondern dem Verfall überlassen ist. Umso mehr wundert es, dass die Betreiber der Herberge diesem maroden Gemäuer soviel gute Räumlichkeiten und vor allem soviel Trockenheit abringen konnten. Es handelt sich insgesamt um fünf Räume inklusive einer großen Essküche und eines Waschmaschinenraums die untereinander nicht miteinander verbunden sind, sondern alle separate Türen zum großen Innenhof haben.
Jetzt habe ich so einen ganz doofen Ohrwurm. Ich dachte, besser eine Türe zum Hof, als ein Fenster zu Hof. Und da ging das los. Wer hat das noch gesungen? "Sie hat das Fenster zum Hof..." Michael Schanze? ".... wo soll ich für sie singen?" Chris Roberts? "Denn dieser Hof wird Tag und Nacht, vom wütenden Hofhund scharf bewacht!" Oder so ähnlich. Also manchmal ne? Da frage ich mich schon wie meine Festplatte so organisiert ist, Ich schreibe von Türen die zum Hof gehen und Zack denke ich an Fenster zum Hof und Zack, viel schlimmer, habe ich die Melodie eines Schlages von vor über vierzig Jahren im Kopf.
Um 20.00 h haben wir eine Kirchenführung in der maroden Klosterkirche Salvador bekommen. Beeindruckend und erschreckend zugleich. Das Kloster Salvador beherbergte ursprünglich den Reform-Orden Cluny, wurde dann später von den Benediktiner übernommen.
Und was hier so schön blüht, sind nicht etwas späte Krokusse, sondern frühe und tödlich gifte Herbstzeitlosen. Ganz ohne Blätter nur Blüten? Die Blätter haben sie im Frühjahr, wenn auch der Bärlauch wächst, das macht sie so gefährlich, wenn man sich entweder nicht genau auskennt oder mal nicht aufpasst.
19. August
Meine Zwillinge Delila und Damian haben heute Geburtstag! Und ich befinde mich auf fast siebenhundert Meter Höhe. Mit dem anfänglichen Auf-und-Ab waren es dann heute die fast 1.000 Höhenmeter und ich muss sagen, dass es auf dem Weg ganz gut geklappt hat, zumal es noch unglaublich gegossen hat zwischendurch, aber jetzt merke ich doch von den Füßen bis zum Nacken, alles was irgendwie ziehen und sich beschweren kann.
Um kurz vor sieben habe ich gefrühstückt und darauf gewartet, dass es etwas dämmert. Es war Landschaftlich ein sehr schöner Weg, mit alten Abschnitten, die zum Teil über zwei mehr als 300 Jahre alte Steinbrücken führten.
Die Herberge meiner Wahl war für mich voll. Für mich? Das musst du dir vorstellen. Um kurz vor zwei sitze ich vor dieser Herberge, kurze Zeit später kommt ein langhaariger und stellt sich als Dave vor. Wo ich denn losgegangen sei? Ja Frank, wir haben viele Reservierungen und nur noch vier Plätze frei und die möchte ich für Pilger freihalten, die eine länger Strecke gelaufen sind. Mein Englisch ist zu schlecht um ihm klar zu machen, dass ich Pilger kennengelernt habe, die nach dreißig Kilometer fiter sind, als ich jetzt nach achtzehn Kilometer. Hallo? Was ein blöder Oberarsch!
Zwei Kilometer weiter, in El Espina, bekomme ich dann ein Bett, dass aber auch wegen Reservierungen das Vorletzte war. Eigentlich, ist es so, dass in Pilgerherbergen nicht reserviert werden darf. Was soll ich hatte ja Glück. Für morgen, 25 km entfernt, habe ich eine Reservierungs-Email geschickt und bereits bestätigt bekommen.
Ich habe im letzten Blog etwas von einem 30 km Aufstieg geschrieben und nach dem ich heute ca. acht Kilometer aufgestiegen bin, weiß gar nicht wie das gehen soll. Ich werde das jetzt noch mal überprüfen. Ja, also, das steht tatsächlich in der App. "Es geht beträchtlich nach oben, einmal über 30 km bis zum... Da ich dieses "bis zum" aber bereits gegangen bin, kann es sich nur um einen Druckfehler handeln. Obwohl mit den acht Kilometer heute habe ich 500 Höhenmeter gemacht, wären 30 km ungefähr 2.000 Höhenmeter, also doch nicht so unrealistisch wie es sich anhört.