Finito el Sueno

Zunächst noch eine kurze Ergänzung zum folgenden Text

Wenn es um das Scheitern eines Projektes und/oder der verpfuschten Arbeit einer Werkstatt geht, dann verhalten sich die ansonsten an jedem Pubs interessierten Printmedien der Szene seltsam zurückhaltend und bedeckt. Sprich, man liest eigentlich nie etwas über all die Dinge, die bei dem einen oder anderen nie zum Abschluss gebrachten Projekt mehr als gründlich aus den Ruder gelaufen sind.
Das mag daran liegen, dass weder der betroffene Kunde sein Schicksal, noch die für das Scheitern eines Projektes verantwortlich zeichnende Werkstatt ihr Versagen gerne an die große Glocke hängt. Nun bewege ich mich jedoch bereits lange genug in der Szene um zahlreiche dieser gescheiterten oder vorzeitig abgebrochenen Projekte zu kennen. All die hinter vorgehaltener Hand erzählten Geschichten der Teilehaufen, die von einer Schrauberbude in die nächste und von dort in die übernächste getragen wurden, weil die einen nicht konnten oder die anderen nicht wollten. All die mehr oder weniger gerechtfertigte Nachrede vom vermeintlichen Können und dem letztendlichen Untergang des Projekts im Pfusch.
Doch egal bei wem die Schuld eines Scheiterns am Ende zu suchen ist, der nicht zu unterschätzende Anteil der Naivität wird immer beim Kunden liegen. Denn wenn wir ehrlich sind, wird kaum jemand in der Hoffnung auf die fachgerechte Umsetzung seines Traum in der Werkstatt seines Vertrauens nach der Qualifikation des Ausführenden fragen.
Wenn man sich jedoch darüber im Klaren ist, das in unserem Land jeder der sich in irgendeiner Form dazu berufen fühlt, seine eigene Schrauberbude aufmachen kann um in der Folge  mehr oder weniger straßentaugliche Konstrukte auf die Straße zu rollen, dann scheint diese Naivität bei genauer Betrachtung schon merkwürdig. Nachdem auch mir nun das wiederfahren ist, was viele Schrauberbudengeschädigte  aus eigener Erfahrung kennen und ich im Gegensatz zu schweigenden Masse durchaus bereit bin, über meine in diesem gescheiterten Projekt gesammelten Erfahrungen offen zu berichten, war ich über die Reaktion der von mir angesprochenen Printmedienvertreter mehr als erstaunt.
Obwohl die Resonanz auf das Thema zunächst durchaus positiv ausfiel, wollte am Ende doch niemand etwas zu diesem Thema im Heft haben. Während die einen einer  kleinen Werkstatt keine Steine in den Weg legen wollten, wollten die anderen kein böses Blut in der Szene verbreiten. Nun, der Name der ausführenden Werkstatt wird in dem Text ebenso wenig genannt wie der Name des ausführenden Zweiradmeisters. Es geht mir in meinem Text nicht darum, einer Werkstatt ihren Pfusch unter die Nase zu reiben, sondern unter denjenigen, die mit dem Gedanken an ein Aufbauprojekt spielen, eine möglicherweise neues/anderes Bewusstsein gegenüber der Inhalte der von ihnen geplanten Projekte zu wecken und sich die ausführende Werkstatt beziehungsweise Mechaniker etwas genauer anzusehen, um am Ende zu einem für beide Seiten positiven Ergebnis zu kommen.
Nun muss ich meine Texte nicht zwingend über die Printmedien veröffentlichen, um meine Themen an den Mann oder die Frau zu bringen. Am Ende wird sich wohl jeder seinen Teil zum Thema denken und sich sein eigenes Bild machen. In diesem Sinne hoffe ich das mein Text seine Leser findet und ein Gefühl dafür vermittelt, das Projektabbrüche in der hier beschriebenen Art und Weise durchaus keine Seltenheit darstellen und trotzdem aus jedem dieser Abbrüche ein positiver Erfahrungswert gezogen werden kann.


Aus der Traum – das Protokoll eines positiven Scheiterns
        
Jedem Hinterhofschrauber, der der Zielsetzung folgt, seine Projekte auf der Basis günstig erstandener Gebrauchtteile zu realisieren, werden die mit diesen Teilen verbundenen Geschichten vertraut sein. Geschichten, die zwar in unterschiedlichen Facetten erzählt, doch immer wieder von einer desillusionierenden, mitunter auch Schicksals behafteten Aufgabe eines Projektes zu berichten wissen.
In Zeiten, in denen über nahezu jeden Kanal privater TV Sender zur allgemeinen Schrauber Attacke geblasen und einer unüberschaubaren Zahl an Konsum orientierten Stubenhockern das Gefühl vermittelt wird, das nahezu jeder der cool sein, der dazu gehören will, aufgerufen ist den Hintern hochzubekommen und seine trägen Knochen in Richtung des eigenen Kellers oder der Garage zu bewegen, um dort innerhalb weniger Wochen seinen ureigenen motorisierten Traum auf die Räder zu stellen, boomt nicht nur der Markt des Custom Lifestyles und der coolen Teile, es dürfte auch die Zahl der Projektprojektaufgaben zunehmen.       
Wenn im Zuge dieser Projektaufgaben die bereits vorhandenen Teile zu einem Bruchteil ihres ursprünglichen Preises zurück in den Kreislauf des Marktes gespült werden und damit die Herzen aller Sammler und Jäger zukünftiger Projekte höher schlagen lassen, schwingen die Geschichten hinter diesen Aufgaben zwar in diffusen Andeutungen mit, in der Regel kratzen diese Schwingungen jedoch nur an der  Oberfläche möglicher emotionaler Abgründe und gehen damit selbst dem weniger abgeklärten Beutegreifer am Arsch vorbei.
Vom Mangel an Zeit ist in diesen Geschichten häufig die Rede. Die Gründung einer Familie oder der Bau eines Hauses werden ebenfalls gerne zur Legitimation einer Projektaufgabe herangezogen. In den ganz harten Fällen sorgte eine unvorhergesehene Erkrankung oder gar das Pflügen des Familienfeldes durch Gevatter Tod für ein vorzeitiges Ende eines Projektes.
Wer sich im Sog seiner eigenen Projektplanung auf der Jagd nach günstigen Teilen befindet, wird von all diesen Fällen profitieren können und sich kaum für die Geschichten hinter den Teilen interessieren. Warum auch? Was sollte an einem Aufbau interessant sein, der obwohl für die Straße geplant, diese nie unter die Räder nahm?
Dabei gehören auch die Geschichten gescheiterter Projekte wie das Salz in der Suppe untrennbar zur Szene. Wo Licht ist, da ist auch Schatten und auch die Weisheit, nach der des einen Freud, des anderen Leid ist, kann in der bunt schillernden Welt der Custombike Szene leicht nachvollziehbar durchgewunken werden.
Doch auch wenn es vor allem den Betroffenen selbst so scheint, das man auf das Scheitern eines Projektes ebenso gut verzichten kann, wie auf einen Pickel am Hintern, so erfüllt auch das vorzeitige Ende eines Projektes durchaus seinen Zweck, sofern man es nicht als den Ausdruck eines persönlichen Versagens empfindet, den Inhalt der daraus zu ziehenden Lehre erkennt und das mit dem Scheitern verbundene emotionale Auf und Ab zur positiven Richtungsbestimmung seines zukünftigen Weges zu nutzen weiß. In diesem Verständnis zeichnet die an dieser Stelle  erzählte Geschichte eines gescheiterten AWO Projektes, die Stationen eines solchen Weges nach und gibt Auskunft über das scheinbar Negative und dessen Auflösung im Positiven.
Als Person, die wesentliche Anteile ihrer Lebenszeit darin investiert interessierten Menschen die Inhalte asiatischer Bewegungs- und Bewusstseinslehren näher zu bringen, betrachte ich die von mir in unregelmäßigen Abständen auf den Weg gebrachten Custom Projekte neben einer Reihe eher vergnüglich, unterhaltsamer Aspekte immer auch als eine Form vorbeugender Therapie, die mich davor bewahrt, Opfer all der geistigen Irrläufer zu werden, die mir auf dem Weg des Vermittlers oben genannter Inhalte begegnen.
Die Beschäftigung mit den Real greifbaren Elementen eines Custom Projektes, dient mir  dazu mich zu Erden und meinen inneren intellektuellen und emotionalen Kompass von Zeit zu Zeit neu zu justieren. Wenn ich die im Rahmen meiner Beschäftigung mit anderen Projektlern geführten Gespräche richtig deute, scheint dieses Beschäftigungselement, auch wenn es sich in den gewählten Wegen der Umsetzung unterscheiden mag, für viele eine Antriebsfeder ihrer Aktivitäten darzustellen.
Mit Blick auf die Bedeutung die ein solches Projekt in meinem Leben einnimmt, würde ich in der mir durch ein solches Projekt gebotenen Gelassenheit sagen, dass es vor allem den Geist erfrischt. Falls sich in mir der Wunsch nach gesellschaftlicher Anerkennung regen sollte, könnte ich diese leicht über den Bereich meiner beruflichen Fähigkeiten abrufen. Mit einem Custom Projekt, das ich neben meinem Beruf auf den Weg bringe, verbinde ich, trotz des Anspruchs jedes einzelne dieser Projekte zu einem für mich positiven Abschluss zu bringen, in erster Linie den Spaß an der Sache.
Diesem Anspruch folgend, wurden auch bei dem hier beschriebenen Projekt bereits mit der Entwicklung der Idee die Weichen in Richtung des von mir angestrebten Ziels gestellt und auch von Seiten der gebotenen Inhalte und der diesen Inhalten entsprechenden Hardware gab es so gut wie nichts, das mich dazu anhielt mich bereits im Vorfeld gedanklich mit den Möglichkeiten eines späteren Scheiterns auseinander zu setzen.
Die Tatsache, dass das Projekt allen positiven Vorzeichen zum Trotz sein Ende in der Tonne finden sollte, würde ich im Rückblick, als das Ergebnis einer unglücklichen Verkettung negativer Einflüsse bezeichnen.
Am Anfang des Projekts stand die Idee eines möglichst einfachen, möglichst kostengünstigen, möglichst coolen und vor allem möglichst klaren Aufbaus eines Custombikes auf der Basis einen alten Motorrades. Mein für all meine Projekte gültiges Motto lautete auch in diesem Fall, pures Metall und zu 100% Period Incorrect. Eine der damit verbundenen Herausforderung besteht darin, einem x beliebigen Basisfahrzeug eine komplett neue, eigenständige Gestalt zu verleihen und dabei keine gravierenden Veränderungen an der ursprünglichen Fahrzeuggeometrie vorzunehmen, um das Projekt nach seinem Abschluss mit dem Siegel des TÜVs versehen, legal auf der Straße zu bewegen.
Nach dem ich in Bezug auf die Wahl eines möglichen Basisfahrzeuges zunächst mit einer Eisenkopf Sportster liebäugelte und diesen Plan bereits ob der für eine brauchbare Basis aufgerufenen Preise wieder verwarf, konzentrierte ich mich in den folgenden Wochen auf die Suche nach einer alten 650 Triumph, um auch hier am Ende festzustellen, das sich deren Preisentwicklung inzwischen kaum von denen der Eisenköpfe unterschied.
In Bezug auf die Motoren dieser beiden Kandidaten von unproblematischer Technik zu sprechen, wäre ein zusätzlicher Beleg naiver Ahnungslosigkeit und soll damit im weiteren Verlauf dieser Geschichte nicht weiter thematisiert werden.
Als aufmerksamer Beobachter der Szene, nahm ich zur Kenntnis, dass es vielen Suchenden inzwischen offensichtlich ähnlich ging. Auf der Suche nach einer ebenso kultigen wie günstigen Basis rückten in dieser Entwicklung zunehmend die Maschinen der deutschen Nachkriegszeit in den Focus des Interesses, wobei vor allem die AWO 425 Touren als eine der ungekrönten Königinnen des Günstigschraubens gehandelt wurde.
Damit stand die Basis für mein Projekt fest und mobile.de sei Dank, ließ sich auch ein geeignet scheinendes Basisfahrzeug ohne Probleme über das Internet finden. Für schlanke 800,- Euro wurde im Berliner Umland eine echte AWO Bastelbude inklusive einiger Kisten zusätzlicher Bastelteile zum Bastelschnäppchenpreis angeboten. Das Ganze selbstredend ohne Papiere, aber mit ordentlichem Kaufvertrag.
Bevor ich an dieser Stelle zuschlug wollte ich mich kurz rückversichern, dass der Zweiradmeister, der mein Projekt federführend begleiten sollte mit der Sache nicht überfordert sein würde.
Nein! Wie mir von Seiten des Meisters meines Vertrauens versichert wurde, sei mit dieser Basis alles in bester Ordnung! Eine AWO sei im Aufbau ja von einfachster Natur und sollte seiner  Einschätzung nach keinerlei Probleme bereiten. Klare Worte, die mir das Gefühl vermittelten, dass einem ordentlichen Auf- und Umbau mit abschließender TÜV Abnahme nichts im Wege stand.
Mit dem Segen des Meisters machte ich mich mit einem guten Gefühl auf den Weg in den Osten der Republik, um die AWO und die dazugehörigen Teilekisten ins Ruhrgebiet zu schaffen, um etwas Ordentliches daraus zu machen. Dass mein Transporter in der Einfahrt des Verkäufers sein Lebenslicht aushauchte, hätte man als schlechtes Omen deuten können. Dass ich es nicht tat, schreib ich der Tatsache zu, der Gruppe der goldenen ADAC Karten Besitzer anzugehören. Mit Hilfe des ADAC wurde die AWO samt Teilekisten in den Transporter befördert und dieser danach mit dem Kran auf den Transporter-Transporter verfrachtet, um das Ganze auf Kosten der Gelben Engel in die Heimat zu verbringen.
Einige Tage später landete die Projekthardware dann in der Werkstatt des Meisters und es schien soweit alles in Ordnung. Entsprechend unserer Absprache, machten wir uns gemeinsam daran den Motor zu zerlegen, um die einzelnen Teile zu sichten. Parallel zu den bereits vorhandenen Teilen konnten über das Internet zwei weitere AWO Motoren zu günstigen Konditionen erstanden werden, um in der Folge aus drei Motoren der Kategorie 4- einen der Kategorie 1+ zusammenzuschrauben. Ein Plan der nur bedingt aufging.
Nach über einem halben Jahrhundert Dienst am Volke, überraschte es nicht, das keiner der drei Motoren noch wirklich brauchbare Verschleißteile hergab und so wurde der Entschluss gefasst, die Kurbelwelle und den Zylinderkopf inklusive der Ventile im Austausch durch fachmännisch überarbeitete Teile zu ersetzen. Auf der Suche nach einem geeigneten Anbieter wurden selbstverständlich auch die einschlägigen Foren zum Thema AWO durchforstet.
In Bezug auf die Händler von AWO Teile gestalten sich die dort aufgeführten Listen ausgesprochen überschaubar und auch wenn sich einige dieser Händler inzwischen an den Apothekerpreisen des Harley Sektors zu orientieren scheinen, befinden sich die meisten dieser AWO Apotheken im Osten des Landes und damit bewegten sich die Preise aus Sicht eines Wessis auf einem immer noch akzeptabel scheinenden Niveau.
Was den Erwerb von fachmännisch überarbeiteten Austauschteilen betraf, war ich bei den reinen Teilehändlern an der falschen Adresse, doch wurde mir bei Anfrage immer wieder geraten mich damit direkt an Rene Nawrath zu wenden, dessen Werkstatt im Internet unter dem Namen „Mopedprinz“ zu finden ist und sich in der Folge als überaus kompetenter und auch auskunftsfreudiger Ansprechpartner erwies. Von Ihm erhielt ich neben den gesuchten Teilen auch nützliche Tipps zum Einbau derselben.
Die Zeit bis zur Lieferung der Teile nutzte ich dazu das Motor- und Getriebegehäuse mit einer gründlichen Reinigung und anschließender Politur optisch auf Vordermann zu bringen und den Zylinder fachmännisch überarbeiten und mit einem neuen Kolben bestücken zu lassen. Das abschließende Zusammenfügen der Teile zu einem hoffentlich funktionsfähigen Motor erfolgte dann innerhalb eines Arbeitstags und konnte sich im Ergebnis durchaus sehen lassen.
Neben dem Austausch des kompletten Lagersatzes, präsentierten sich nun auch die wesentlichen Teile wie Kurbelwelle und Zylinderkopf in einem nahezu neuwertigen Zustand. Darüber hinaus wurde die 6 Volt Magnetzündung durch eine elektronisch arbeitende 12 Volt Zündanlage ersetzt. Damit stand der Motor nicht nur wie Neu da, sondern sollte sogar noch besser als das Original sein. Alles in allem also kein Grund zur Besorgnis und doch sollte mit der Fertigstellung des Motors der Anfang vom Ende eingeläutet werden.
Ich hätte erwartet, dass der erfolgreiche Abschluss der Motor- und Getriebearbeiten einen positiven Einfluss auf das weiterführende Arbeits- und des damit verbundenen Leistungsklimas ausübt. Im Zusammenhang mit meinem Projekt war dies leider nicht der Fall.
Einen Motor aus den 50ger Jahren aufzubauen, das ist eine Sache und für jeden Zweiradmechaniker mit Meisterbrief sollte die simple Technik dieser Motoren keine große Herausforderung darstellen.
Ein Fahrzeug optisch komplett umzugestalten, ist dagegen eine gänzlich andere Geschichte. Eine Sache, die im Falle eines Custom Aufbaus einen gewissen Grad an Kreativität und Vorstellungskraft erfordert, der nicht Automatisch mit dem Ablegen der Meisterprüfung erworben werden kann. Eine für mich gänzlich neue Erfahrung, die bedauerlicher Weise mit entsprechenden Folgen verbunden war.
Dass etwas mit dem Projekt nicht so lief wie es laufen sollte, stellte ich fest, als nach Abschluss der Motorarbeiten alles weitere von Seiten des Meisters auf eine an Länge beständig zunehmende Bank geschoben wurde und mir die damit verbundenen Begründungen immer rätselhafter schienen.
Mal fehlte, wie im Beispiel dringend benötigter Distanzhülsen, die zur Herstellung erforderliche Drehbank, mal war eine von mir eingebrachte Idee, nach Ansicht des Meisters nicht realisierbar. Während die Begründung im ersten Fall noch nachvollziehbar war, mangelte es im zweiten Fall generell an einem zu erwartenden Vorschlag geeigneter Alternativen.
Besonders wenn es darum ging Veränderungen am Rahmen zu besprechen, begannen in meinem Kopf schnell die Warnglocken zu läuten. Denn obwohl dem Meister und auch mir klar war, dass alle vorgenommenen Veränderungen in Absprache mit dem TÜV zu erfolgen hatten, um die abschließende Abnahmetauglichkeit nicht zu gefährden, begab sich der Meister mit den, von ihm vorgenommenen Schweißarbeiten auf eine Gradwanderung, an deren Ende angelangt der Rahmen gründlich geschrotet und das Projekt beendet sein würde.
Man sagt, dass sich das Bedürfnis bei einer Sache einige Cent zu sparen, im weiteren Verlauf sehr schnell, sehr negativ auf die gesamte Sache auswirken kann. Hätte ich mich zur Durchführung meines Projektes mit einem erfahrenen Handwerker zusammengetan, hätte mich dies sicherlich ein paar Euro mehr gekostet.
Zu dem Zeitpunkt an dem ich zu dem Entschluss kam, das es besser wäre einen Schlussstrich unter das Projekt zu ziehen, gab es statt eines Straßen tauglichen Fahrzeuges, einen Haufen Schrott, dessen Produktion ich mit gut 4000,- Euro finanziert hatte und es versteht sich von selbst, dass ich diese Summe zwar als Lehrgeld verstand, jedoch keinesfalls als solches abschreiben würde.
Für die Inhalte die ich mit diesem Projekt verbinde, spielt die Frage wer diese Summe letztendlich zu tragen hat keine besondere Rolle. Für mich sind die Wege wichtig, die ich bei einem solchen Projekt beschreite und die Lehren, in denen ich mich auf diesen Wegen erfahre.
Das Thema der Geduld wird im Rahmen eines Auf- und/oder Umbauprojekts immer eine gewichtige Rolle spielen. Ohne die Tugend der Geduld zu besitzen, wird der Weg durch ein solches Projekt zur Prüfung und wer diese Geduld nicht aufbringen kann oder will, erhält hier die Möglichkeit sich in dieser Tugend zu üben. Da es sich bei diesem Projekt nicht um mein erstes Aufbauprojekt handelte, waren mir die mit einem solchen Projekt verbundenen Prüfungen der Geduld bestens vertraut und inzwischen empfinde ich eine gewisse Freude daran, mich diesen Prüfungen zu stellen, mich in Geduld zu üben und damit den Lohn der in der Regel positiven Erfahrungen einzufahren.
Das AWO Projekt ging im August 2010 an den Start. Mit dem Start verbunden war die Idee, mit dem Endergebnis im Juni 2011 an dem im Rahmen der Kustom Kultur veranstalteten Rennen über die 1/8 Meile teilzunehmen. Diesen Termin mit dem Aufbau eines meiner Vorstellung entsprechenden Fahrzeugs zu halten, könnte problematisch werden und so nahm ich es gelassen hin, dass mir der Zahn dieser Vorstellung vom Meister im März 2011 gezogen  wurde.
Aller Erwartungen zum Trotz, empfand ich die Ankündigung diesen Termin wohl nicht halten zu können als normal und betrachtete die Entwicklung in der zuvor beschriebenen Form als eine Übung in Geduld. Dies galt auch für das Platzen des Folgetermins im September 2011 zum Treffen der Choppertownnation in Kaldenkirchen.
Mit dem dritten Termin sollte es dann allerdings deutlich anders aussehen. Der Meister hatte von einem, der namhaften Zubehörhändler der Custombike Szene das Angebot erhalten, sich mit einer Arbeitsprobe seiner „kreativen Fähigkeiten“ im Rahmen der im Dezember 2011 veranstalteten Custombike Messe auf dem Stand des Händlers zu präsentieren und äußerte den Wunsch dies mit der AWO zu tun.
Ein Wunsch den ich durchaus begrüßte, verband ich mit ihm doch einen Lichtblick am düsteren Horizont kippender Termine und die vage Hoffnung darauf, dass meine bisher von mir an den Tag gelegte Geduld endlich ihren Lohn einfahren und sich etwas in Richtung des Ziels bewegen würde.
Die Tatsache, das sich der Meister auch hier nicht an eine mit ihm verbindlich abgesprochene Präsentation eines, sich in seiner Endphase befindlichen Aufbaus hielt und sich stattdessen mit den rudimentären Fragmenten eines Rohbaus präsentierte, bei dem noch dazu kaum etwas tatsächlich unter der Kreativität seiner Hände Arbeit entstanden war, veranlasste mich dazu, mich allmählich von der Idee AWO zu verabschieden. Nahezu unbemerkt, war mir in den Monaten des Wartens die Freude an der Idee und damit auch an dem mit dieser Idee verbundenen Projektes vergangen.
Doch in einer Geschichte über das Scheitern eines Projektes ausschließlich über die negativen Aspekte zu berichten, entspräche nicht der Gesetzmäßigkeit der Dualität, nach der jeder negative Aspekt seine positiven Seiten enthält und umgekehrt. Und so lassen sich auch in dieser Geschichte positive Inhalte finden, die am Ende einer Geschichte dazu führen, das jeder Weg seine Fortsetzung findet. In der kritischen Betrachtung all der vom Meister an den Tag gelegten handwerklichen Unfähigkeiten, begann in dem Bemühen dem Ganzen eine positive Wendung zu verleihen, die Wesenskraft des – selbst ist der Mann – in mir zu wirken.
Zunächst eher aus der Suche nach Notlösungen geboren, dann mit zunehmend aktiver Freude, begann ich dieses Motto in der Folge mit Inhalten zu füllen und über die dabei gesammelten positiven Erfahrungswerte eine Wertschätzung gegenüber der eigenen Fähigkeiten zu entwickeln.
Beschränkten sich dieses Inhalte anfangs darauf lediglich nach Möglichkeiten beziehungsweise alternativen Handwerkern Ausschau zu halten, die mir in der Umsetzung meiner AWO Idee unter die Arme greifen konnten, dauerte es nicht lange bis ich selbst zum Werkzeug griff und damit die Wandlung vom passiven Ideen- und Auftraggeber zum aktiven Macher und Gestallter vollzog.
Dass sich ein konsequentes Beschreiten dieses Weges kaum dazu eignen würde, die Motivation des Meisters zu fördern, spielte zu dem Zeitpunkt, an dem ich bereits damit zufrieden gewesen wäre, wenn er das Projekt einfach nur seinen Fähigkeiten entsprechend zusammengepfuscht und über den TÜV gebracht hätte, keine Rolle mehr.
Wieder sollten Monate verstreichen, die sich wie Kaugummi zogen und in denen sich zumindest in der Werkstatt des Meisters so gut wie nichts mehr tat. Statt eines abgeschlossenen Aufbaus, begleitete mich lediglich der hintere Fender, dessen Halterungen ich mir nach eines erneuten Versagens des Meisters, neben anderen Halterungen und Anbauteilen im Rahmen eines VHS Kurses meinen Vorstellungen entsprechend selbst geschmiedet hatte, zur Kustom Kultur 2012, um ihn vom aus Japan angereisten Pinstriper Makoto mit einer, das Projekt endgültig abschließenden Botschaft versehen zu lassen.
Finito el Sueno – aus der Traum. Einfacher und prägnanter hätte die Botschaft kaum sein können, mit der Makoto meinem Wunsch entsprechend den Fender versah. Um seine Arbeit dokumentieren zu können, bat er mich, ihm den Fender vor die Kamera zu halten und löschte mit dem Auslösen des Blitzes alle noch in mir vorhandenen Gedanken an einen gelungenen Abschluss.
Dies bedeutete jedoch nicht, sich das Ganze nun zum Negativen wenden sollte. Meine Gedanken in Richtung der AWO sollten sich im Laufe des folgenden Jahres nicht auflösen, sondern sich zu einem neuen Projekt wandeln. Einem Projekt, das ich soweit es mir möglich sein würde in Eigenregie plante.
Ich würde die von mir während des AWO Projektes gesammelten Erfahrungen in dieses neue Projekt einfließen lassen und vieles selber machen können.
Das was nicht von mir selbst zu leisten war, würde ich in Auftrag geben.
Ich würde unter der Überschrift Gasolin Alley eine geräumige Garage anmieten und diese meinen Vorstellungen entsprechend zur Werkstatt einrichten.
Ich würde tiefer in die Custom Szene eintauchen und über die von mir im Internet veröffentlichten Texte und Fotos zu einem weitaus aktiveren Teil dieser Szene werden.
Was aus der AWO wurde? Nun, nachdem sie im Mai 2013 immer noch nicht fertig war, holte ich sie zu mir in die Gasolin Alley Garage. Im August wurde sie von mir dem Gutachter des TÜVs Rheinland vorgestellt und von diesem nach Begutachtung der vom Meister durchgeführten Schweißarbeiten mit dem Prädikat „nicht zulassungsfähig“ ausgezeichnet.
Für das, diesen Text begleitende Fotoshooting, wurde sie im Juni 2014 von mir noch einmal meiner Ursprungsidee entsprechend zusammengesteckt. Danach nahm sie einen Platz neben der Werkbank ein, auf der ich mich seit August 2013 mit viel Freude am Tun darum bemühe meinem XS 650 Projekt eine eigene Seele einzuhauchen. Die Frage der Kostenlast wurde inzwischen vom Gericht geklärt. Von den rund 4000 Euro, die an den Meister gezahlt wurden, musste dieser 3600 Euro zurückzahlen.
Was mit den Teilen des Projekts geschieht? Nun vermutlich werden sie im Herbst auf den Auktionsbörsen des Internet landen, um damit die Geschichte der Projektaufgaben und der damit verbunden Schicksale fortzuschreiben.

Text: Gasolin Alley Garage / Fotos: Frank Bick