Während ich mich zunehmend mit der Frage nach dem Sinn des, meines Lebens beschäftige, scheinen andere bereits eine, wenn auch traurige Lösung gefunden zu haben und ich frage mich, was mit den Menschen und der sogenannten Zivilisation in meiner Zeit los ist.
Voller Überzeugung, wird mir von den Vertretern der Politik, des Militärs und der Polizei über die Medien verkündet, das sich die Geschichte des Mordens und Tötens wie es in der Vergangenheit stattgefunden hat, in der Gegenwart so nicht mehr wiederholen wird. Die Betonung liegt dabei offensichtlich auf dem „so nicht mehr“. Denn schaue ich auf die Wahlergebnisse der direkten Vergangenheit, schaue auf Nord Korea, höre etwas von Feuer und Sturm, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat, schaue auf Spanien, blicke ich auf einen Vorhang, der aus einem Hotelfenster in Las Vegas weht, beschleicht mich der Zweifel.
Nun bin ich nicht der Mensch, der daran glaubt, dass sich das Gute im Menschen am Ende durchsetzen wird. Ganz einfach weil es für mich keinen erkennbaren Grund dafür gibt, warum das so sein sollte. Wenn ich es für mich auf den Punkt bringe, dann verstellt dem Guten, der säkularen Ethik, nicht nur das Böse in einer kaum zu fassenden Vielschichtigkeit den Weg, sie hat auch noch der gesellschaftlichen Moral zu wiederstehen und steht damit einem für mich aussichtslosen Posten.
Das ist im Großen so und lässt sich bis in den letzten Winkel unserer Existenz herunterrechnen. Und es scheint vor allem dem Menschen, der sein Leben in Wohlstand verbringt einen (wohligen) Schauer über den Rücken zu jagen. Es scheint weitaus mehr Freude zu bereiten, in endlosen Beiträgen über das Böse zu lamentieren, als endlich zur Tat zu schreiten und etwas gegen dieses Böse zu unternehmen.
Hier in den USA wird nun wieder über eine, nun möglicherweise doch notwendige Verschärfung des Waffengesetzes lamentiert und es stellt sich die Frage, wie genau und warum genau das in Las Vegas passieren konnte. Da bezieht ein Mann mit über zwanzig vollautomatischen Waffen ein Hotelzimmer, beginnt durch das geschlossene Fenster wahllos in die Menge zu schießen und der Waffenhändler, der ihm diese und eine ganze Reihe weiterer Waffen verkauft hat, tritt vor die Kamera und bezeichnet den Mann als komplett unauffällig. Das muss offensichtlich diskutiert werden. Und auch die Frage, ob es sich um einen terroristischen Akt oder lediglich um ein Massaker handelt, nimmt einen Einfluss auf den Umgang mit den Folgen der Tat.
Das Problem besteht am Ende darin, dass der Mann seine ursprünglich halbautomatischen Gewehre unerlaubter Weise zu vollautomatischen Gewehren gewandelt hat und das, wie der Waffenhändler ja bereits angedeutet hat, niemand damit rechnen konnte, das der Mann sie gegen Menschen richtet. Und das ist dann wohl so etwas wie die Spitze eines Eisberges.
In der Frage nach dem Sinn meines Lebens, bin ich inzwischen der Überzeugung, dass dieser Sinn in keinem zwischenmenschlichen Zusammenhang zu suchen und zu finden ist. Würde ich ihn dort suchen, würde ich mich umgehend in einer Diskussion des Abgleichs zwischen Gut und Böse, Kosten und Nutzen, Ethik und Moral, Sinn und Unsinn wiederfinden, am Ende resigniert die Segel streichen und mich möglicherweise auf das Angst behaftete Kommentieren im Rahmen der sozialen Netzwerke verlegen.
Einen umfassenden Rahmen für diese Kommentare bieten mir die Medien. Dort wird mir gezeigt, was ich von Empörung und in der Folge auch von meiner, dieser Empörung entspringenden Angst getragen, in den sozialen Netzwerken zu kommentieren habe. Dabei fällt mir auf, das ich kaum etwas davon mit eigenen Augen gesehen habe, kaum etwas davon verstehe und damit eigentlich kaum etwas davon tatsächlich beurteilen kann.
Während ich mich über den Wahlsieg den AFD empöre, fallen mir all die etablierten Politiker durch das Netz meiner Empörung. Dabei sollte ich mir doch eher Gedanken darüber machen, wie weit einem etablierten Politiker zu trauen ist, der mir etwas verspricht und in der Folge das genaue Gegenteil tut. Wenn einige Hotelzimmer weiter einer Frau Gewalt angetan wird, sie um ihr Leben schreit und in allen angrenzenden Zimmern die Fernseher lauter gestellt werden, stellt sich mir die Frage warum sich hier jemand Gedanken zum Motiv eines Todesschützen macht.
Und die Tatsache, dass das Leben in Las Vegas bereits am nächsten Tag zur Normalität zurückfindet, bestärkt mich in der Annahme, dass der Sinn meines Lebens kaum im Zusammenhang zu den Menschen steht, die mich umgeben. Dabei will ich die Menschen nicht generell in ein schlechtes Bild rücken. Nicht die, die den Fernseher lauter drehen, nicht die, die bereits am nächsten Tag wieder am Spieltisch sitzen, nicht die, die schon wieder legale halbautomatische Waffen über den Tresen reichen, nicht die, die sie dann zu Hause in vollautomatische Waffen wandeln, nicht die, die sich in den sozialen Netzwerken empören, um es dann bis zum nächsten Event dabei zu belassen.
Nicht die…
Die dunkle Seite der Machtlosen
Peter Su Markus