Wenn jemand eine Reise tut, so kann er viel erzählen!
Matthias Claudius
Ich möchte an dieser Stelle von einer Reise berichten, die erst in den nächsten Tagen beginnt. Es ist soweit alles erledigt und das was nicht erledigt wurde, wird wohl hinter mir bleiben und im Laufe der Zeit an Gewichtung verlieren. Was bleibt, ist die Erinnerung an die seltsamen Begegnungen, die sich im Vorfeld meiner Planung ereigneten. Ich bezeichne diese wahren Begebenheiten gerne als Erzählungen, weil sie mich ein wenig an die Geschichten aus dem fiktiven Schilda und seiner von Streichen geplagten Bürger erinnert.
Wer Wege wählt, die sich in den Grenzbereichen normaler gesellschaftlicher Vorstellungskraft befinden, wird sich schnell mit Vorbehalten oder Ablehnung konfrontiert sehen und dürfte darüber hinaus auch mit allerlei seltsamen Reaktionen zu rechnen haben. Doch es überrascht, wenn einem seltsames an Orten begegnet, an denen es lediglich um die schlichte Abwicklung einer einfachen Dienstleistung geht.
Ich gehöre zu den Menschen, die ihre Geschäfte immer noch nahezu ausschließlich auf der Ebene der Barzahlung abwickeln. Homebanking und Kartenzahlungen sind mir ebenso fremd wie auch Ein- oder Auszahlungen an irgendwelchen Terminals. Ich bin mir darüber im Klaren, dass ich damit ein Dorn in einer, vom Bankmitarbeiter bis zur Aldikassiererin reichenden Augenpalette bin und bin dementsprechend auch bereit den Preis dafür zu zahlen. Wie schnell sich das mir normal scheinende Anliegen ein Teil meines Geldes bei der Duisburger Sparkasse in Dollar zu wechseln, zum unterstellten Versuch der Geldwäsche wandeln kann, hat jedoch selbst mich überrascht.
Ich trete an den mit Change überschriebenen Schalter, um der Kassiererin mein Anliegen vorzutragen. Es geht darum, einen Teil meines Geldes in 5000 Dollar zu wechseln und mir den von mir gewünschten Betrag möglichst komplett in 100 Dollarscheinen auszuzahlen. Die Antwort ebenso einfach, wie nachvollziehbar. Eine so große Anzahl an 100 Dollarscheine befinde sich nicht in der Kasse und ich werde gleichzeitig darauf hingewiesen, dass die Sparkasse keine 100 Dollarscheine im Umkehrschluss zurücktauscht.
Nun könnte ich mich gedanklich damit beschäftigen, warum man bei der Sparkasse Duisburg 100 Dollarscheine herausgibt, in der Folge jedoch die Bereitschaft verweigert diese Scheine auch wieder zurückzunehmen. Eine Frage, der ich an anderer Stelle gerne sicher gerne nachgegangen wäre. Dass ich es an dieser Stelle nicht tue, liegt daran das der Kern der Information in meinem Fall kaum zur Anwendung kommen wird. Ich habe den festen Vorsatz, die Scheine im „Land of Joy“ unters Volk zu bringen und damit ist das Rückkaufgebaren der Duisburger Sparkasse für mich ohne Bedeutung.
Also nicke ich die Mitteilung ab. Mit dem Wunsch, mir einfach die 100 Dollarscheine zu geben die sich in der Kasse befinden und den Rest in 50 Dollarscheinen auszuzahlen, ziehe ich mein Geld aus der Brieftasche. Mit einem merkwürdigen Blick auf mein aus 50 Euro Scheinen bestehendes Bündel, schüttelt sie den Kopf, und teilt mir mit, das Geldwechsel bei der Duisburger Sparkasse ausschließlich über ein Konto abzurechnen sind.
Auch das sollte sich machen lassen. Ich, oder besser gesagt der Verein, dem ich vorstehe besitzt ein Konto bei der Duisburger Sparkasse. Dieses Konto unterliegt zwar gewissen Einschränkungen, doch gehe ich mit gutem Gewissen davon aus, das diese Einschränkungen meinem Anliegen nicht im Weg stehen, da ich weder dem Verein noch der Sparkasse Duisburg Schaden zufügen will. Ohne jede zweifelhafte Absicht bitte ich also darum, die für den Umtausch nötige Summe einfach dem Konto gutzuschreiben und mir dann im nächsten Schritt den von mir gewünschten Betrag in Dollar auszuzahlen. Donald Trump würde diesen Vorgang vermutlich als einen einfachen Deal bezeichnen und sich dabei möglicherweise sogar über mein Vorhaben freuen, die Wirtschaft seines Landes mit einem, wenn auch sehr bescheidenen Beitrag zu unterstützen. Doch ebenso wie er, muss auch ich in der Folge erfahren, dass selbst die Dinge die im theoretischen Denken einfach und unproblematisch scheinen, im realen Leben durchaus kompliziert sein können.
Kaum ist das Geld eingezahlt, schlägt sich die Stirn der Kassiererin in Falten und die Worte die diesen Faltenschlag begleiten, lassen nichts Gutes ahnen. Wie es scheint, gibt es da ein Problem mit dem Konto. So wie es aussieht ist mein Verfügungsrecht auf die Summe von 1000 Euro begrenzt und damit könne sie mir die von mir gewünschte Summe nicht über das Konto des Vereins auszahlen.
Wie von Geisterhand gezogen, wähne ich mich in dem schönen Städtchen Schilda, äußerlich bemüht die Fassung zu bewahren und gehe den Vorgang noch mal in Gedanken durch, um den Faden nicht zu verlieren. Zum einen ist die Auszahlung beziehungsweise der Umtausch von Euro in Dollar in der gewünschten Höhe nur über ein Konto möglich. Zum anderen steht mir der daraufhin eingezahlte Betrag in der von mir eingezahlten Höhe mit der Buchung der Einzahlung nicht mehr zur Verfügung, da mein Verfügungsrecht auf 1000 Euro begrenzt ist?!
Während ich mich einer ersten Eingebung folgend nach einem Team der versteckten Kamera umsehe, bitte ich die Kassiererin den gesamten Vorgang einfach rückgängig zu machen, mir meine Geld auszuhändigen und die Sache einfach zu vergessen. Die Reaktion auf meine Bitte ist ein schneller Griff zum Telefon.
Nach einem Austausch kurzer Witzeleinen, die wohl das Salz in der der Suppe eines harmonischen Telefonat unter Kollegen ausmachen, erfahre ich und vor allem auch ihr Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung, das ein Herr Markus an Kasse stehe und versuche, in einem ihr inzwischen merkwürdig scheinendem Vorgang 5000 Dollar in 100 Dollarscheinen zu kaufen und sich ihr nun die Frage stelle, ob es sich bei diesem Anliegen nicht um versuchte Geldwäsche handeln könnte. Wieder schlägt sich ihre Stirn in Falten und ich atme tief durch, „Aha! OK! 5000 sind nicht möglich?! 2500 Dollar sind kein Problem?!“. Die Gute, hätte sie mich gefragt, hätte ich ihr mitteilen können, das der Grenzbetrag bei Geldwäsche bei 10 000 Euro liegt, doch inzwischen gehe ich davon aus, das ich eh nicht mehr glaubwürdig bin.
Wann immer man mich später nach dem Grund meiner Entscheidung fragen wird, der Gesellschaft in die ich hineingeboren wurde, in vielen Bereichen mit gesundem Misstrauen zu begegnen und mich ihrem Einfluss im größten mir möglichen Umfang zu entziehen, werde ich mir unter vielen anderen Gründen, auch diese Begegnung ins Gedächtnis rufen.
Obwohl ich in diesem Augenblick durchaus gefallen an einem, für Dritte nur schwer zu kontrollierenden Ausrasten finden könnte und dabei den Security Rentner der Firma Kötter ins Visier nehme, zwinge ich mich zur Ruhe und bitte so freundlich, wie es mir in dieser Situation noch möglich ist, nachdrücklich um die Rückgabe meines Geldes. Die Kassiererin schüttelt den Kopf. 2500 Dollar könne sie mir gegen eine Gebühr von 7,80 Euro auszahlen. In Erinnerung daran, dass Fremdwährungen nur über ein Konto ausgezahlt werden können, ist es nun an mir die Stirn zu runzeln. Als Reaktion darauf erhalte ich die Information, dass ich ja kein Kunde der Sparkasse sei und damit eine Umtauschgebühr erhoben werden muss.
Hätte ich nicht bereits den Entschluss gefasst, vielen Dingen des gesellschaftlichen Miteinanders den Rücken zu kehren, wäre an dieser Stelle möglicherweise Resignation angesagt. So bleibt es bei der zur Kenntnisnahme und dem sicheren Gefühl, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Ich weiß nicht, wohin sich unserer Gesellschaft in ihrem zum Teil abstrus anmutenden Streben nach Kontrolle in allen Bereichen des Lebens noch entwickeln will. Ich stelle jedoch fest, dass sie dabei in vielen Bereichen inzwischen weit über das Ziel hinausschießt und sich dabei so sehr selbst beschränkt, das zumindest mir ein freies Leben und das damit verbundene freie Atmen innerhalb dieser Gesellschaft zunehmend schwerer fällt und vieles über die gesellschaftlich aufgepfropften Reglementierungen im Gegensatz zu einer möglicherweise angedachten Erleichterung eher erschwert wird.
Ich verlasse die Hauptstelle der Duisburger Sparkasse mit 2500 Dollar in 100 Dollarscheinen, einem Gebührenbeleg über 7,80 Euro, dem möglichen Verdacht auf Geldwäsche und dem Rest meines Geldes, bei dem ich froh bin das es mir überhaupt wieder ausgezahlt wurde.
Etwas zwei Wochen später trete ich an den Schalter der Sparkassen Filiale in Duisburg Rheinhausen. In Glauben das System verstanden zu haben und in Kenntnis meiner Verfügungsbegrenzung in Höhe von 1000 Euro habe ich entsprechend dem Regelwerk der Sparkasse, vor einer Woche einen Anforderungsantrag auf 1000 Dollar in 50 Dollarscheinen gestellt, den dazu benötigen Gegenwert habe ich in Euro auf das Konto des Vereins eingezahlt und möchte den Betrag unter Vorlage meines Beleges nun einfach nur abholen.
„Der von Ihnen gewünschte Betrag in Dollar wurde uns von der Hauptstelle zwar angewiesen, aber ich stelle gerade fest, dass Ihr Verfügungsrecht bereits zwanzig Jahre alt ist und damit noch in Deutsche Mark angezeigt wird! Das kann ich so leider nicht mehr akzeptieren!“
Die Welt, die wir uns miteinander teilen, könnte so einfach sein. Könnte, wenn Schilda nicht allgegenwärtig wäre und so wie es aussieht hört es nie auf!
Zukunftsperspektive Geldwäscher oder das merkwürdige Gefühl in Schilda zu leben!
Peter Su Markus