BMW G 650 Xchallenge Reisemotorrad

Frank Bick

Nach vier Jahren Abstinenz und zuvor drei BMW R100GS, einer K100B, einer R60S, einer Yamaha XT500, FJ1200, einigen anderen Yamahas und vielen Hunderttausend Kilometern fasste ich im August 2009 den Entschluss mir wieder ein Reisemotorrad zuzulegen und ein paar größere wie kleinere Reisen anzugehen.


Meine Wahl fiel auf eine Hard-Enduro von BMW, das Modell G 650 Xchallenge. An dem Fahrzeug begeisterten mich auf Anhieb ein paar Aspekte, die allen neuen GS Modellen anscheinend fremd sind: Leicht, kein Can-Bus, sehr sparsamer und bewährter Motor. Zu allem Überfluss ist das Modell günstig zu erwerben, da die aktuelle BMW-Gemeinde die Fahrzeuge mit Sitzheizung präferiert. Am Kauftag (30.08.2009) sind über 40 Vorführmodelle von 2007! bei mobile.de zu erwerben! In Foren triftt man auf die Meinung, die Produktion wäre längst eingestellt. Könnte sogar stimmen, wenn ich auch glaube dass es kein Konzeptfehler, sondern lediglich ein Marketingfehler von BMW ist, dass die Xchallenge keine Käufer findet. Man hat mit Gewalt das Allroundtalent der G650Xch verschwiegen und für echte Crosser und Enduristen sofort in japanischer Manier die leichte G450X beworben, bevor die 650er überhaupt eine Chance hatte ihren Käuferstamm zu finden. Zudem lässt man in China produzieren (was objektiv betrachtet egal ist), also nicht einmal in Japan. Der gestandene BMW Fahrer kommt also zunehmend zum Eindruck nur wegen moderner Biker-Bar, kostspieliger Werbung im Sinne der Corporate Identity und edler Tester beim Händler ein teures Motorrad aus China zu erwerben. Goodbye Benzingespräch, Willkommen Glaspalast, aus Freude am Aktionär.

Nachtrag: 3899 Stück gebaut.
889 Stück in Deutschland verkauft.

Nach dem Erwerb eines Vorführmodells beim Motorrad-Zentrum-Niederrhein in Xanten-Birten ging es los, die notwendige Reisetechnik musste angeschafft werden. Zega-Koffer und Handprotektoren erwarb ich bei der Touratech AG im Webshop. Da das originale Rahmenheck zwar extrem leicht, aber nicht vertrauenserweckend stabil für Alukoffer auf Pistentour scheint, gehört zum Alukofferset neben den Trägern auch ein Rahmenheck aus Stahl. Der Versand von Touratech erfolgte einen Tag nach der Bestellung, was auch die einzige positive Erfahrung mit dem Online-Service bleiben sollte.


Die etwa 3 stündige Montage des Rahmenhecks und der Träger erwies sich als problematisch. Durchgeführt wurde die Montage von Zweiradmeister Franz List, dem Betreiber einer kleinen aber feinen Werkstatt alter Schule für klassische Motorräder wie 2-Ventil Boxer oder Einzylinder Motorräder (http://fahrzeugtechnik-list.de / Hünxe). Wie die obigen Fotos es zeigen, musste das gesamte System mit aufgebohrten Muttern "gestreckt" werden um überhaupt am Fahrzeug anzuliegen. Auch die Verstärkung am Aufnahmezapfen für den Endtopf musste abgefeilt werden um ein Anschrauben überhaupt zu ermöglichen. Da mehrere Zentimeter Spiel außerhalb einer zu erwartenden Toleranz liegen, habe ich nach der Montage eine E-Mail an Touratech gesandt. Der Service meldete mir dass die E-Mail an die richtige Stelle weitergeleitet wird. Eine Antwort habe ich aber nicht mehr erhalten ... Weiterhin hatte ich mir Handprotektoren geordert. Ich habe es bei den schmalen Versionen als Wind- und Steinschutz belassen, auf die zusätzlich zu bestellenden Erweiterungen habe ich verzichtet. Das System halte ich persönlich eher für einen Marketing-Schachzug, wären die schmalen Teile 2cm höher, benötigte niemand den Spoiler-Schnickschnack mit zusätzlichen Schrauben. Bei dicken Handschuhen liegen die Schützer etwas zu eng an, ich würde daher vom Kauf abraten. Bei den pseudopädagogischen Montageanleitungen für alle Produkte von Touratech fehlen leider Explosionszeichnungen, man rätselt auch als gelernter Schlosser ein wenig über die Anordnung von Unterlegscheiben, Schrauben usw. Die Montageanleitungen wirken ein wenig so, als hätte eine Büropraktikantin mit der Aldi-Digi-Cam in der Mittagpause den Auftrag zur Erstellung erhalten: "Mensch Petra, uns fehlt da noch ne Montageanleitung". Weiterhin habe ich mir zur Verbesserung der Seitenständersituation noch einen Pin zum Ausklappen des Ständers und eine Fußplattenerweiterung gekauft. Die Fußplattenerweiterung lässt das Motorrad noch schlechter abstellen, da der Ständer der G650X etwas lang ausgefallen ist, daher kann ich hier auch nur abraten. Ein kürzerer Seitenständer würde das Abstellen erleichtern, aber beim Tanken in die Seitenöffnung stände das Fahrzeug zu schief.

Bei Wunderlich habe ich mir dann noch eine 12V Bordsteckdose geordert. Nach erfolgter Anmeldeprozedur konnte ich bei der Bestellung sogar mein Modell angeben, vorbildlich! Die Dose mit dem 50cm zu kurzen Kabel kam bereits nach 10 Tagen, wäre ich doch nur zum Baumarkt gefahren oder hätte eine originale von BMW genommen: Complete your Wunderlich Product!

Technische Daten zum Fahrzeug und ein interessantes Forum sind unter http://www.g650x.de umfangreich untergebracht, ich verzichte hier daher auf weitere Details. Da BMW in 2010 auf der Webseite die G-Modelle nicht mehr präsentiert, hier die Möglichkeit zum Prospekt-Download.

Jetzt war alles bereit, die ersten Erfahrungen mit Motorrad und Ausrüstung sollen nun auf einer kleinen 10 Tage Alpentour gesammelt werden.