Heute ist ein ganz besonderer Tag!
Als ich das gestern so laut mit den reisenden Engeln von mir gegeben habe, ist mir wohl entgangenStadttor Vaucouleurs unheimlich feste auf Holz zu klopfen.
So was... Nun werde ich das erste Mal im Regen losgehen. Regenhose, Poncho und ab die Post. Es war schon ein wenig dolle, bin dennoch am alten Stadttor vorbei, durch das Jeanne d' Arc geritten sein soll. Dann ab in die Pampa, nach kurzer Zeit fand ich auf einem Feldweg einen Pilgerausweis im Matsch liegen, ich nahm ihn vorsichtig mit, denn er triefte natürlich. Später sollte ich feststellen, dass es der Ausweis vom Klaus war, mit dem ich am Donnerstag zusammen zu Abend gegessen habe. Ich werde retten was zu retten ist, ihn trocknen und nach Hause schicken. Der Klaus kann zu jedem Stempel nette Geschichten erzählen. Wäre schon schade gewesen.
Nach ungefähr einer Stunde Dauerregen und immer schlimmer werdende Wege, dachte ich noch, dass die Schuhe das Goro-Tex-Versprechen halten, aber bereits eine weitere halbe Stunde quatschte das Wasser im Schuh. Und nein, es ist nicht von oben rein gelaufen. Regenhose bis weit über die Schäfte!
Einbeere Paris QuadrifoliaNach ca. 2 Stunden stieß ich mitten im Wald auf eine Kirche mit überdachten Picknicktischen. Auf dem Weg dorthin habe ich meine erste Einbeere in der Natur gesehen. Ihrem Namen Ehre machend hat sie in der Mitte vierer gegenüber liegender Blätter, eine schwarze Beere. Sie wird auch unter anderem Wolfsbeere genannt. Die Einbeere ist hochgradig giftig, einige Beeren können gegessen zum Tod durch Atemstillstand führen. Also, aufgepasst der Riesenglücksklee, wird u. U. eine Einbeere sein.

Die Kirche Saint Anna und das dazu gehörige Picknickareal schien mir recht neu zu sein, was auch erklären mag, warum es im Wanderführer überhaupt keine Erwähnung findet. Trotz Hochwasser im linken Schuh, nutze ich die Schutzhütte um mir einen Tee zu machen und mich wenigstens oben rum umzuziehen. Den Poncho, der von innen genauso nass war wie von außen, habe ich direkt in die dort stehende Tonne gekloppt. Das trockne T-Shirt war eine Wohltat. Darüber zog ich die Softshell, die zwar auch nicht Wasserdicht ist, aber zumindest zu Anfang trocken. Der Regenschutz vom Rucksack ist dicht, alles im Rucksack ist trocken. Frohen Mutes, ging es eine halbe Stunde später weiter. Die Wege wurden von Minute zu Minute schlechter. Und der Herr sprach zu mir: "Freu Dich, denn es könnte schlimmer kommen." Und ich freute mich. Und siehe da es kam schlimmer. Der Wald, der doch noch einiges abgehalten hat, hörte auf und wurde von einem freien Feldweg Starkregen abgelöst. Die Softshell war eh schon durch, so machte es nur wenig, dass der Wind plötzlich von vorne kommend auffrischte und es dabei unglaublich anfing zu schütten. Es ist dann richtig toll, wenn es danach wieder normal regnet. Ich hatte bereits seit längerem keine Markierungen gesehen und fing so langsam an mir Sorgen zu machen. Ich sagte noch lächelnd: Weißt Du Vater, ich habe das bisher recht gutgelaunt mitgemacht. Ich hatte bisher immer gutes Wetter, warum nicht mal ein Regentag, warum nicht auch direkt total dicke, so 'n bisschen Regen kann jeder, also wenn schon, dann... Okay ist schließlich auch eine Erfahrung. Verlaufen ist auch eine Erfahrung aber bitte nicht Starkregen und stark verlaufen an einem Tag. Lass das Dorf da vorne bitte Badonvillers sein, sonst könnte ich vielleicht doch einer kleinen Verzweiflung anheim fallen.
Das Dorf war erwartungsgemäß nicht Badonvillers, sondern es war ein Dorf von dem ich noch nie etwas gehört habe und das auch selbst im Randbereich meines Wanderführers nicht mehr erschien. Laut Routenplan sollte ich mich ab Vaucouleurs von der Maas, der Meuse immer weiter entfernen und nun heißt dieses Nest Éspiez-sur-Meuse. Schleichende Verzweiflung machte sich breit. Die Marie, das Rathaus hat jeden Mittwoch Vormittag geöffnet, selbst die Kirche hat geschlossen. Patschnass klopfte ich an ein Fenster, hinter dem eine Frau Bürokram machte. Ich erklärte ihr wohin ich wollte, sie sagte mir, dass mein Ziel leider entgegengesetzt ca. 20 km entfernt sei, worauf ich sie bat mir ein Taxi zu rufen. Das Taxi sollte 30 - 40 Minuten später dort sein. In der Zwischenzeit schafften wir so etwas wie ein Gespräch und ich schaffte es mich im Keller, diesmal komplett umzuziehen.
Das Taxi brachte mich dann nach Gondrecourt-le-Château zu Madam Devillier.

Madam Devillier...
Dienstag 7.30 h klopft es. Bonjour Monsieur, petit jeneuer, vous allez manger! Obwohl wir 8.00 h vereinbart hatte. Ich glaube das hat das letzte Mal meine Oma Ilse gemacht.
Es regnet immer noch, die Schuhe noch nass...