Kustom Kulture Forever 2014
Text und Fotos: Peter Su MarkusDas Warten auf die ganz große International besetzte Show der Kustom Kulture, die von beständig kritischen Stimmen gerne als Hot Rod Circus bezeichnet wird, sollte am 3. Maiwochenende ein Ende haben und mit den gebotenen Inhalten wird sie die Erwartungen des Publikums wohl auch nicht enttäuscht haben. Nach dem sich das Rennen über die 1/8 Meile mit dem Umzug vom Flugplatz Schwarze Heide in Bottrop, zum Gelände der Zeche Ewald in Herten bereits im vergangenen Jahr erledigt hatte und damit thematisch zu genüge abgehandelt worden war, konzentrierte man sich in diesem Jahr vor allem auf das sehen und gesehen werden.
Da sich im Vergleich zur Vorjahresveranstaltung kaum etwas verändert hat, gibt es dementsprechend auch kaum Neues zu berichten. Allen, die sich unter dem Begriff der Kustom Kultur immer noch wenig vorstellen konnten, boten der Szene Photograph Dirk Behlau und der Pinstripe und Graphik Künster Jesper Bram mit ihrer 2013 veröffentlichen Dokumentation „Flake & Flames - The Kustom Kuture Adventure“ eine Möglichkeit des Verstehens.
Ob der Streifen tatsächlich einen Beitrag zur nachhaltigen Klärung der Frage nach Sinn, Inhalt und Zweck der Kustom Kulture leistet, darüber kann man unterschiedlicher Meinung sein. Zur Einstimmung auf die diesjährige Kustom Kulture Forever, habe ich mir die Doku im Vorfeld noch einmal angesehen und mir viel auf, das vor allem die Amerikaner, die ja bekanntlich den Grundstein zur Kustom Kulture gelegt hatten, nur wenig mit der Überschrift und wohl auch mit dem inhaltlichen Ziel der Dokumentation anzufangen wussten.
Das mag daran liegen, das diejenigen, die ihr Leben tatsächlich nach den Inhalten der von ihnen gelebten Kultur ausrichten, ein Teil dieser Kultur sind und die Richtung dieser Kultur prägen und geprägt haben, diese als so selbstverständlich gegeben empfinden, das sie sich über einen tieferen Sinn und Zweck keine Gedanken machen.
Damit wirken sie im Vergleich zu einigen deutschen Vertretern der Kustom Kulture in vielen Bereichen wesentlich Entspannter. Doch auch in unseren Breiten scheint man auf einem guten Weg und steht zumindest dem, immer düster zeichnenden Vorwurf einer zunehmenden Kommerzialisierung und dem damit verbundenen Niedergang der Kultur und Szene inzwischen weitaus gelassener gegenüber. Offensichtlich ist die, sich früher oder später wie selbstverständlich stellende Frage, wovon all die schrillen Lebenskünstler, die die Szene für das Schreckgespenst Normalbürger überhaupt erst interessant gestalten, ihren Lebensstil, ihre Kunst und vor allem ihre Fahrzeuge finanzieren könnten, würden sie nicht mit den Inhalten ihrer Kultur handeln, in den Köpfen angekommen und die Antwort auf diese Frage scheint vieles im positive Sinne zu relativieren.
Ich sehe die Kustom Kulture inzwischen als einen in sich ruhenden Kern, der sich aus einer bunten Palette unterschiedlichster Subkulturen gebildet hat und mit all seinen Spielarten und Interessen und scheinbaren Andersartigkeiten vor allem für Ungerichtete, für Suchende, für Träumer aber auch für thematisch ausgelagerte Eigennutzer und Benutzer von Interesse ist.
Selbstverständlich wird es wie in jedem anderen kulturellem Angebot, auch innerhalb der Kustom Kulture immer wieder Versuche geben, den Inhalt dieses Kerns zugunsten des eigenen ideologischen Zugewinns zu vereinnahmen, ihn zur Umsetzung eigener Ideen zu nutzen und auch kommerziell auszubeuten. Dies wird in einer Gesellschaft, die auf die ausgewiesenen Vertreter der Kustom Kulture wie ein rotes Tuch wirken mag, als freie Marktwirtschaft verstanden und wird in den Bereichen in denen die Kustom Kulture in einen Kontakt zur sie umgebenden Gesellschaft tritt, als normal empfunden. Doch egal wie man es auch drehen und wenden mag, wird dem Kern der Kustom Kulture dies alles am Ende wohl zu Recht am Arsch vorbei gehen.
Was war wirklich neu? Im Gegensatz zum Vorjahr wurde darauf geachtet, dass sich zumindest im Bereich der vierrädrigen Fahrzeuge ausschließlich zur Szene passende Fahrzeuge auf dem Gelände befanden. Damit boten sich vor allem dem Foto interessierten Besucher eine Vielzahl an interessanten Motiven. Wie in den Jahren zuvor, machte ich in diesem Bereich auch in diesem Jahr wieder die Erfahrung, dass es sich am Freitag weitaus entspannter knipsen lässt. Auch wenn viele Besucher mit ihren Fahrzeugen erst am Samstag eintrafen, nutze ich die sich mir am Freitag bietenden Möglichkeiten freistehende Fahrzeuge abzulichten, um mich dann am Samstag eher auf Details und Bilder des Augenblicks zu konzentrieren.
Obwohl sich einige der bekannten Künstler, ebenso wie auch einige der kommerziellen Händler dazu entschieden hatten, in diesem Jahr nicht mehr an den Start zu gehen, war das Zelt der Graphik und Pinstripe Künstler wie immer mit führenden Meistern ihres Fachs besetzt, die aus aller Welt angereist waren, um einen Einblick in ihre Kunst zu gewähren und den Besuchern die Gelegenheit gaben, sich ihre Fahrzeuge oder mitgebrachte Teile mit Pinstripes oder Graphiken veredeln zu lassen.
Die Lücken, die die bekannten Gesichter hinterlassen hatten, wurden von bisher eher unbekannten Gesichtern geschlossen, die mit ihrem Angebot für etwas frischen Wind in der Szene sorgten und es wäre eine Überlegung wert, in Zukunft auch weniger bekannten Künstlern und Händlern eine Plattform zu bieten. Ebenfalls neu war das Angebot eines Autoscooters, dessen Selbstfahrer, obwohl sie wohl nicht wirklich zu einem inhaltlichen Gewinn der Kustom Kulture beitrugen, den Hot Roddern und Bikern offensichtlich eine Menge Spaß bereiteten.
Die inzwischen schon traditionelle, von den Mitgliedern des Fisters C.C. organisierte Kustom Art Auktion, die auch in diesem Jahr wieder über die Bühne ging, machte auf mich einen eher faden Eindruck und wies im Vortrag leider einen deutlichen Mangel an Spritzigkeit und Humor auf. Und auch die Verleihung der Pokale, die von wem auch immer, für was auch immer, an wen auch immer verliehen wurden, schien mir für meine Empfinden etwas Lustlos abgehandelt.
Ansonsten wurde während des üblichen Smalltalks wieder eine Menge bemängelt und wenig gelobt. Wie immer war von Kustom Kirmes und Hot Rod Zirkus die Rede und es stellt sich mir inzwischen ernsthaft die Frage, was die Summe des Publikums, das vor allem am Samstag in großer Zahl auf das Gelände strömte eigentlich genau erwartet. Obwohl viele den offensichtlichen Kommerz als ein Ausverkauf der Kustom Kultur verstehen, hielt sie dieser Einwand auch in diesem Jahr nicht davon ab sich auf der Jagd nach dem ultimativen Schnäppchen in der Händlergasse zu drängen und genau zu dem Kommerz aktiv beizutragen, den man an anderer Stelle so vordergründig in Abrede stellte.
Fazit: Auch wenn es Freitag zunächst ein wenig feucht war, hat es das Wetter insgesamt gut gemeint und selbst wenn das Hot Rodding tatsächlich zum Zirkus verkommt, dann hat mich die mir gebotene Vorstellung für relativ kleines Geld über zwei Tage ausgesprochen gut unterhalten. Das Knipsen hat wieder viel Spaß gemacht, Currywurst und Pommes für 6 Euro ging soweit auch in Ordnung. Makoto hat mir wieder mal ein Teil für mein Bikeprojekt zu einem akzeptablen Preis veredelt und darüber hinaus habe ich mir nicht vorzuwerfen zum kommerziellen Ausverkauf der Kustom Kulture beigetragen zu haben. Also alles in allem also eine runde Sache, die Lust auf mehr im nächsten Jahr macht.
PS. Da ich mich mit meinen Texten eigentlich mehr der zweirädrigen Fraktion zugehörig fühle, habe ich mir erlaubt in der Rubrik der 2% noch einige Gedanken zu der, der Kustom Kulture angegliederten Bike Show in die Tasten zu hauen.