Kustom Kulture Forever 2013

"Bottrop Kustom Kulture ist tot, es lebe Kustom Kulture Forever!"

Text und Photos: Peter Su Markus
Unter der Überschrift Bottrop Kustom Kulture entwickelte sich über einen Zeitraum von 10 Jahren am Rande des Ruhrgebiets eine Anfangs kleine Veranstaltung von einem Insidertip zum Kultevent der deutschen und internationalen Kustom Kultur Szene. Mit der Jubiläumsveranstaltung 2011 sollte jedoch für den Standort Bottrop das Aus eingeläutet werden.

Zu hoch die beständige Zunahme behördlicher Auflagen, zu gering die Unterstützung von Seiten der Stadt Bottrop. Zu wetterabhängig und der damit verbunden kaum zu kalkulierende Zustand  des Geländes und, und, und.

Gründe für einen Neustart, der im Bereich der Publikumsresonanz stetig wachsenden Veranstaltung, gab es über die Jahre sicherlich mehr als genug und mit dem Gelände der Zeche Ewald in Herten bot sich dem Veranstalter eine durchaus geeignete Alternative zum Flugplatz Schwarze Heide in Bottrop.

Die Frage, die sich vor der diesjährigen Veranstaltung stellte war, ob man das alte Konzept eins zu eins auf den neuen Veranstaltungsort übertragen oder im Zuge der neuen Namensgebung auch ein neues Konzept etablieren würde.

Was im Vorfeld bereits fest stand war, dass es das Rennen über die 1/8 Meile in Zukunft nicht mehr geben würde.

Eine Entscheidung die, ob der zunehmenden organisatorischen Schwierigkeiten, die das Rennen in Bottrop über die letzten Jahre begleiteten und der daraus resultierende wachsende Unmut unter den Besuchern, wohl nur einige Wenige nachhaltig schmerzen wird.

Bis zum Start der Veranstaltung wurde in der Szene eifrig spekuliert und diskutiert:
 
Von einer Veranstaltung, die sich Neu erfinden müsse, war die Rede. Von altem Wein in neuen Schläuchen. Von Kustom Kirmes und Hot Rod Zirkus und vom Wegfall des Rennes, das man nun doch auf breiter Ebene zu bedauern begann.

Tatsache ist, dass sich die Veranstaltung unter der Leitung von Michael Perrech über die Jahre von einem sich Anfangs ausschließlich um das Rennen versammelnde Treffen einer kleinen Gruppe Hot Rod Begeisterter weg, hin zu einer Großveranstaltung der Internationalen Kustom Kultur entwickelt hat, die zwar kaum im herkömmlichen Stil beworben wird, jedoch weltweit in allen einschlägigen Blogs zum Thema Kustom Kultur präsent ist und mit Künstlern aus ganz Europa, den USA und Japan in dieser Größenordnung und gebotenen künstlerischen Qualität in Europa wohl ihres Gleichen suchen dürfte.

Doch auch wenn es die Rodder der ersten Stunde schmerzen mag, dürfte sich auch hier das Rad der Entwicklung kaum in Richtung der guten alten Zeit zurückdrehen lassen. Ein Schicksal, das Wohl oder Übel alle stetig wachsenden Veranstaltungen teilen, die in einem kleinen überschaubaren Rahmen ihren Ursprung fanden und plötzlich von der breiten Masse entdeckt und zum Sinnbild einer kulturellen Entwicklung erhoben und vereinnahmt werden.

So waren auf dem Gelände der Zeche Ewald wie zuletzt auch in Bottrop zahlreiche Stimmen unterschiedlichster Interessenlage und Ausrichtung zu vernehmen. Während die einen gedanklich den alten Zeiten nachhingen und den Hot Rod Zirkus vor Ort verteufelten, genossen die anderen die Atmosphäre auf dem Gelände. Der Punkt an dem sich dann alle wieder trafen, wurde von der  Händlermeile gebildet. Dort gab man sich aller vorbehalte zum Trotz, umgehemmt dem Konsum des allgemein weit von sich gewiesenen  Mainstreams hin und erstand vom Plastikbilligartikel aus Fernost über Discount Shirts aus der Grabbelkiste bis zur Designer Jeans im Rodder Stil alles was das Herz begehrte.
 
Nun tatsächlich Neu entdeckt hat sich die Kustom Kultur Forever 2013 sicherlich nicht. Der neue Standort weiß vor allem durch seine industriell geprägte Ausdruckskraft zu überzeugen und wenn es dem Veranstalter in der kommenden Auflage der Kustom Kultur Forever 2014 gelingen sollte die Fahrzeuge, die nicht der Epoche der anvisierten Hot Rod Kultur zuzuordnen sind, vom Gelände zu verbannen, sollte die Kulisse in Zukunft genügend Potenzial besitzen, um für einige besondere Stunden dem Geist der Kustom Kulture eine Basis zu bieten und den zahlreichen Photographen eine Reihe gelungener Aufnahmen dieses Geistes zu garantieren.

Doch soweit sollte es in diesem Jahr noch nicht sein und so waren all diejenigen sich über den bloßen Schnappschuss hinaus auf die Jagd nach einem besonderen Photo begaben, sichtlich bemüht, die zahlreich auf dem Gelände vertretenen Fahrzeuge der Gegenwart aus dem Bild zu halten.

Am Beispiel der für die Car Show ausgewiesenen Fläche, die mit dem Charme eines Gewerbeparkplatzes daherkam, zeigte sich eine der deutlichen Schwäche gegenüber des Platzes in Bottrop. Dicht an dicht standen hier die Hot Rods und ließen so kaum ein Gefühl von Weite zu, das in Bottrop durchaus gegeben war.

Während man sich in dem der Car Show und der Swap Meet zugewiesenen Bereich offensichtlich noch nicht darüber im klaren war, wie das Ganze geplant und entsprechend zu verstehen war, zeigte sich der Bereich der Bike Show in einem sehr ansprechenden Rahmen und bot den Freunden der Old School Bikes die Gelegenheit ihre Aufbauten am Fuße eines der großen Fördertürme der ehemaligen Zeche dem interessierten Publikum zu präsentieren.

Den sich im Rahmen der Kustom Kultur Forever erstmals präsentierenden Tattoo Künstlern stand ein kleiner, ebenfalls sehr ansprechender Saal innerhalb des Zechengebäudes als Arbeitsfläche zur Verfügung, in dem sie Abseits der ansonsten herrschenden Betriebsamkeit in Ruhe ihrer Kunst nachgehen konnten und manch einer die Gelegenheit nutze sich eine bleibende Erinnerung an dieses Ereignis unter die Haut stechen zu lassen. Auch diesen Bereich wird der Veranstalter in seiner Endabrechnung auf der Plusseite verbuchen können und hoffentlich in Zukunft beibehalten.      

Und sonst? Im Gegensatz zum Nahen Osten und dem Süden der Republik, die sich anschickten ein Opfer lang anhaltenden Niederschlags zu werden, zeigte sich das Wetter über der Zeche von einer zwar kühlen, aber ansonsten angenehm trockenen Seite. Während im Rund des Motordroms die wagemutigen Steilwandfahrer, der nach eigener Aussage ältesten Attraktion dieser Art, zu jeder vollen Stunde ihre Kreise zogen, veredelten die anwesenden Pinstriper in und außerhalb ihres Zeltes alles was ihnen vor den Pinsel kam mit ihren kunstvoll geschwungen Linierarbeiten und weckten bei so manchem Besucher die spontane Lust das eigene Fahrzeug oder den einen oder anderen Gebrauchsgegenstand mit solcherlei Linienarbeit zur Kunst zu erheben.

Essen und zu Trinken wurde reichlich und zu zivilen Preisen geboten. Die von Mitgliedern des Fisters C.C. organisierte Kustom Art Auktion ging auch in diesem Jahr überaus unterhaltsam über die Bühne und spülte 2500€ auf das Konto einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung in Herten. Die von den Flake Kings aus Eindhoven für eine Lotterie auf die Räder gestellte Flakester fand bereits im ersten Losverfahren ein neues Zuhause und ging an eine sichtlich gerührte Losbesitzerin aus dem Saarland. Die Freunde amerikanischen Bike Buildings hatten die Gelegenheit in der Bike Area neben einigen europäischen Größen der Zunft, Cole Forster von Salinas Boys Customs, Dan Collins von der Old Gold Garage Co. oder Kutty Notebom von der Hippy Killer Garage zu treffen, die den Freunden ihrer Kunst mit dem sprichwörtlichen kalifornischen Sonnenscheinlebensstil freundlich, offen und interessiert begegneten.

Im Grunde war alles wie immer. Vieles hat gefallen, weniges könnte und wird man in Zukunft wohl auch anders machen. Im Großen und Ganzen dürfte sich die Kustom Kultur Forever auf einem guten Weg befinden und hat damit bereits in diesem Jahr die Lust auf eine Fortsetzung geweckt.
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