Was übrig blieb... Fazit

So, Fazit! Jetzt aber...

Ich neige dazu, hier erst mal aufzuzählen warum ich bis jetzt nicht dazu gekommen bin. Das gäbe eine lange Liste. Ein bischen jammern, ein wenig rechtfertigen...

Aber tatsächlich ist es nun auch nicht das was den Leser im Allgemeinen interessiert. Interessant scheint zu sein, was es gebracht hat. Ich werde häufig gefragt bzw. aufgefordert: "Jetzt erzähl doch mal, was hat Dir das gebracht?" Eine Frage, die mich in der Regel verstummen lässt. Was hat es gebracht? Und ich frage mich und gelegentlich auch mein Gegenüber: "Muss immer alles etwas bringen?"

Es ist eine Frage der Zeitspanne und vielleicht auch der Investitionshöhe, die inpliziert, dass etwas was gebracht haben muss. Wenn ich ins Kino gehe, würde hinterher keiner auf die Idee kommen zu fragen: "Und was hat es Dir gebracht?" Da würde ich eher gefragt werden:"Und? War es gut? War es spannend? Hat es Spaß gemacht?"

Und ja! Die fünf Monate, die 2.600 km, die waren gut! Es war spannend und es hat unglaublich viel Spaß gemacht!



Es war Klasse das Erwachen der Natur Anfang Mai mitzubekommen, zu sehen wie es sich entwickelt um am Ende des Sommers wieder zu vergehen. Mich auch täglich als ein Teil dieser Natur zu erleben.

Aber mit Abstand das Beste war es losgegangen zu sein. Losgelassen zu haben. Von den ca. 50 Umzugskartons, die mich und viele meiner, beim Umzug helfenden Freunde die letzten Jahre begleitet haben, habe ich fünf übrig behalten. Die restlichen Sachen wurden verkauft, verschenkt und weggeworfen.

Zwei mit Wintersachen, die ich auf meinem Weg in den Süden nicht zwangsläufig brauchte und drei Kartons mit Dingen, die mir wichtig sind, die ich mir aber nicht kaufen würde, wenn das Geld wie immer knapp ist.

Neugierig?

Okay: Vegane Kochbücher, ich freue mich auf den 01. November, den ich als Deadline für eine erneute Umstellung auf die vegane Lebensweise vorgesehen habe. Zu den Kochbüchern gehören natürlich auch vernünftige Messer. Zwei habe ich behalten.

Gute und teure Zeichenblöcke und Stifte. Werkzeug für Schnitz- und Linoleumdruckarbeiten. Die Trau-Bibeln meiner Eltern und Großeltern. Familie ist wichtig!

Die Brotbackformen nicht zu vergessen. Ich liebe es Brot selbst zu backen. In meiner Geschichte "Lebe jeden Tag, als wäre es dein Letzter" bekommt der Protagonist früh morgens aus sicher Quelle mitgeteilt, dass soeben sein letzter Tag angebrochen ist und dass er ihn nutzen soll! Nach anfänglichen Panikattacken mit Schnappatmung backte (siehe letzte Rechtschreibreform) er zwei Brote und machte Aufstriche um damit die Trauergäste nach der Beerdigung zu verköstigen. Da bekommt das Wort Leichenschmaus eine tiefere Bedeutung. Aber auch das Backen von Brot!



Ach übrigens, zwei Kartons mit Winterklamotten... Da ist zwar auch ein schwarzer Sakko bei, allerdings keine Friedhofstaugliche Winterkleidung. Will sagen, dass ich nur eine froschgrüne Wintersoftshell besitze. Das heißt, dass ich meine Freunde und Verwandte, die vor mir diese Welt verlassen möchten, oder auch unfreiwillig gehen, aus Gründen der Pietät bitten möchte, dies bei vernünftigen Außentemperaturuen zu tun. Oder eine entsprechende Nachlassverfügung zu verfassen. Hier ein möglicher Textbaustein: "Ich, der/die Verblichene verfüge hiermit ausdrücklich, dass Frank Hoppe in seiner froschgrünen Wintersoftshell an meinem Begräbnis teilnehmen darf, ohne sich der Häme, anderer Trauergäste aussetzen zu müssen!"



Ebenfalls werde ich gerne gefragt, was denn das schönste, das beste Erlebnis war. Das ist nicht wirklich zu beantworten, weil sich alles aus der Bewegung ergeben hat und meistens aus einer negativ belassteten Situation heraus, sodass es dadurch als besonders positiv bewertet wurde. Wenn ich morgens das Wasser vergessen habe, nach drei Stunden und dreißig Grad im Schatten, an einen Ort mit einem Lebensmittelgeschäft kommen soll und dieses Geschäft augenscheinlich seit zwei Jahren geschlossen hat und die Häuser von Hunden bewacht werden, die nur darauf warten, dass ich einen Fuß in den Vorgarten setze, ist das richtig blöde. Wenn dann aber das Klingeln des Lebensmittelwagens ertönt, ist das wie ein kleines Wunder. Jemand der eine solche Situation noch nicht mitgemacht hat, wird das nie als sowas besonders ansehen. Vielleicht macht es die Gesamtheit dieser kleinen Wunder aus, die ich in den vorhergehenden Texten beschrieben habe. Dieses besondere Gefühl des getragen, des behütet, beschützt seins. Ja ich glaube sagen zu können, dass das etwas ist, das ich mitgenommen, mitgebracht habe von meiner Reise. Das Gefühl das es immer weiter geht und ich mich um existentiellen Dinge nicht sorgen muss.

Ich bin mir natürlich bewusst, dass ich auf einem, zumindest seit anderthalb Jahrtausenden christlichen Pilgerweg unterwegs war. Aber ich möchte auch deutlich machen, dass es mir furchtbar egal ist wie Du es nennst, das was dieses Getragensein bewirkt. Gott, universale Matrix oder Quantenphysik, Hauptsache doch dass es klappt. Inschallah oder?



Das vermeintliche Ziel Santiago de Compostela sowie Finesterre durfte ich neben meinem körperlichen Einsatz, nur durch die großzügen Spenden einiger Leser erreichen, die zum großen Teil von Freunden und Verwandten aber auch zu einem Teil von mir nicht bekannten Personen kamen. Dafür auch hier noch mal meinen herzlichen Dank!

Mit vermeintlichem Ziel, möchte ich zum Ausdruck bringen und betonen, dass der tiefe Beweggrund, das eigentliche Ziel, das Losgehen, das Loslassen war.

Das Ziel Santiago wurde von mir formuliert, um die grobe Richtung festzulegen. Aber zu dem Zeitpunkt habe ich noch gedacht, dass ich mal schaue wo es mich hintreibt, wo ich wo möglich für eine Zeit hängen bleiben werde. Erst als als ich spürte, dass es gut sein wird wieder nach Deutschland, in mein vertrautes Umfeld zurückzukehren, wurde aus Santiago das Primärziel.

Mit Erreichen von Santiago de Compostela und dem Dazustoßen von Carina, habe ich meinen eh schon wankelmütigen Pilgerstatus gänzlich verlassen und den Status des wandernden Urlaubers eingenommen.

Eine Zeit lang habe ich gedacht, dass es vielleicht ein Schock wird, wenn ich in die eine Richtung für 2.600 km fünf Monate brauche und den Rückweg mit dem Flieger in vier Stunden hinter mich bringe. Aber während ich mich mit diesen Gedanken beschäftigt habe, wurde mir klar, dass viele Menschen ihr Leben in Schublade stopfen und diese nach Bedarf öffnen und wieder schließen. Meine Sorge um die schnelle Rückkehr zeigt, dass ich auch dazu neige. Ich meine Schubladen wie die Jobschublade, die Urlaubsschublade, Familien- und Beziehungsschublade. Natürlich auch die Auszeit- und Pilgerschublade.

Wenn ich aber das Leben nicht in wechselnde Abschnitte einteile, sondern es als Lebensweg ansehe auf dem es kein Zurück gibt, sondern ausschließlich eine Fortwärtsbewegung, so kann ich den räumlichen Rückflug auch nur als einen weiteren Schritt auf meiner Lebenswanderung sehen. Und so ist der Schock ausgeblieben und es fühlte sich auch hier gut und richtig an. Sieben Stunden nachdem ich Santiago verlassen habe, mit einigen lieben Menschen beim Lieblingsitaliener in Wuppertal zu sitzen rundete das Ganze letztendlich ab.



An dieser Stelle nochmals meinen Dank an die Menschen die mir über den Weg gelaufen sind ohne sie namentlich zu nennen. Auch wenn es keinen einzigen Moment gab, an dem ich mich in irgendeiner Weise einsam gefühlt habe, so waren sie doch jeder auf seine Art eine Bereicherung. Wobei es einen gibt, mit dem ich gerne mal ein Holsten trinken würde, weil ich die Unterhaltungen sehr genossen habe.

Meinen Dank an die Leser die sich von mir haben mitnehmen lassen, durch halb Europa und die mir durch ihren Zuspruch Mut zum Weiterschreiben gemacht haben.

Und zu guter Letzt auch einen besonderen Dank an meine, um es mit Robert Betz zu sagen Arschengel! Die mir immer wieder meine Grenze der Toleranz aufgezeigt haben, an der ich dringend noch arbeiten muss. Im Grunde rege ich mich nur sehr über Rücksichtslosigkeit und Ellenbogenmentalität wirklich auf. Und sind das Eigenschaften die man lernen muss zu tolerieren?

Ein vielleicht weiser Mensch hat mal gesagt: "Niemand hat dein Lächeln nötiger, als der der für dich keins hat!"



In dem Sinne... Tschüss!

Euer Frank



P.S.: Da ich ja nu nicht versäumt habe, über Essen zu schreiben, werde ich in den kommenden Tagen ein paar spanische Rezepte hier hinterlegen. Wer also Spaß hat an selbstgemachtem Alioli (Knoblauchmajo), Albondigas (Fleischbällchen) in Tomatensoße, Tortilla Espanol (spanisches Kartoffelomlett), Pulpo al la gallega (Krake nach galizischer Art), sollte in jedem Fall noch mal rein schauen

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