1. European Moon Hot Rod & Custom Show 2012
Go! with MOON?!
Text und Fotos: Peter Su Markus
Erste europäische Moon Hot Rod und Custom Show! Für diejenigen die etwas über die Shows in den USA und vor allem in Japan wussten, hörte sich die Überschrift grundsätzlich schon mal gut an. Seit Monaten wurde die Show, die Ende Juni im belgischen Chimay steigen sollte, in allen einschlägigen Foren und Magazinen beworben. Das Wetter war gut und wenn es um kultige Fahrzeuge ging, dann war Belgien meiner Erfahrung nach bisher immer einen Abstecher wert. Darüber hinaus mag ich die Landschaft, die mich mit ihren sanften Hügeln und den aus grobem Stein gemauerten rustikalen Häusern ein wenig an das Auenland erinnert und ich mag die Menschen, die mit ihrer belgisch herben Ausstrahlung allesamt als Protagonisten früher Eddy Constantin Filme durchgehen könnten.

Einzig der Ort des Geschehens sagte mir überhaupt nichts. Chimay? Würde ich spontan eher für eine Kinderkrankheit oder einen üblen Hautausschlag halten. Der Blick in die Google Maps sorgte hier für den nötigen Durchblick. Chimay, ein kleiner Ort im äußersten Südwesten Belgiens gelegen, dessen Hauptattraktion offensichtlich der Raceway bildete, der der geplanten Show als Veranstaltungsort dienen sollte.

Meinem Gefühl folgend, hätte ich vom Ruhrgebiet kommend, den Weg über Eindhoven, Antwerpen und Brüssel gewählt. Gefolgt bin ich stattdessen der mir vom Navi vorgegebenen Route über Mönchengladbach, Maastricht und Liege. Ob diese Strecke am Ende tatsächlich kürzer war, wage ich zu bezweifeln, in Bezug auf die Landschaft des ursprünglichen Belgiens war der Streckenverlauf auf jeden Fall ein Gewinn. Und was die mir gebotene angemessene Einstimmung auf den Tag anging, ging es damit bereits in Maastricht los.

Während mich die weiblich/nasale Stimme des Navis im förmlich/bestimmten Tonfall stoisch/emotionslos beständig dazu mahnte „bitte die Geschwindigkeitsbegrenzung zu beachten“, wurde ich im Herzen Maastrichts in einem Baustellenbereich von einem dunkelblauen V8 befeuerten Model A mit offenen Ansaugstutzen, ebenso offenen Abgasrohren und gefühlten 300 Hinterreifen nicht nur mental an den Straßenrand gedrückt, sondern darüber hinaus auch noch mit Nachdruck auf die an dieser Stelle machbare Geschwindigkeit hingewiesen.

Den abstrusen Plan mich nach abklingen der von ihm ausgelösten Schnappatmung an seine fetten Schluffen zu hängen, gab ich bereits nach wenigen Kilometern zugunsten eines entspannten Ankommens wieder auf und erfreute mich stattdessen am bleibenden Eindruck, mit dem er sich bei seinem verschwinden am Horizont von mir verabschiedete. Bis Chimay sollte er nicht der einzige Rod bleiben, der mir die Richtung wies und alle schienen es eilig zu haben, während ich mich im Einklang zur Navi gesteuerten Stimme der Vernunft übte.

Das sich die Fahrzeit der ursprünglich angezeigten 3 Stunden, letztendlich auf knapp 4 Stunden ausdehnte, sei mit den Fahreindrücken mit der mich die Strecke auf den letzten 30 Kilometern entschädigte, hier nur am Rande erwähnt.

Wie auf einer Achterbahn zog die zum Teil kerzengrade Strecke in mehr oder weniger sanften Schwüngen ihre Bahn und erinnerte damit ein wenig an amerikanische Highways. Über drei bis vier Schwünge hinweg konnte ich mit dem Blick der Straße folgen, ohne zu sehen was sich in den Tälern dieser Schwünge verbarg und immer wieder tauchten Fahrzeug wie aus dem nichts auf den Scheitelpunkten der Hügel auf um einen Augenblick später wieder in den Talsenken zu verschwinden.

Die Ankunft in Chimay selber gestaltete sich dagegen eher ernüchternd. Ohne jede  weiterführende Beschilderung hatte man alle direkten Zufahrtsstraßen zum Ort großräumig gesperrt und die einzige Wahl die mir blieb, war die, mich dem Tross der vor mir fahrenden in der Summe gleichermaßen Orientierungslosen in der Hoffnung anzuschließen, das einer von ihnen möglicherweise doch einem verlässlichen Plan folgte. Von meinem Gefühl her wurde der Ort von dem Tross, der mit jedem neuen gesperrten Abzweig an Länge zunahm, um etwa 300° umrundet, bevor das erste und einzige Schild auf den „Raceway Mainentrance“ hinwies.

Von einem Hinweis möglichen Parkraums fehlte weiterhin jede Spur. Während ich mich also als Teil einer endlosen Schlange im Schritttempo meinem erhofften Ziel näherte, überlegte ich bereits auszuscheren und die Rückfahrt anzutreten, um den Tag im mir vertrauten Brüssel oder Antwerpen zu genießen. Lediglich die Tatsache, dass sich die von mir befahrene Strasse  inzwischen zur Einbahnstrasse gewandelt hatte und ich mich damit in einer eindeutigen „mit gefangen, mit gehangen“ Situation befand, hinderte mich daran den geordneten Rückzug anzutreten.

Das weiter vorne die Motoren der Fahrzeuge deutlich hörbar frei durchatmeten und immer wieder einige von ihnen im Eiltempo über der nächsten Anhöhe aus dem Blickfeld verschwanden, ließ auf eine besserer Zukunft hoffen und in der Tat lief ein, in einer leuchtend gelber Warnweste gewandeter Orden die Fahrzeugschlange entlang, um die aufkeimende Frustsration mit einem fröhlichen Willkommensgruß bereits im Ansatz zu ersticken.

Nach der Loveparade Katastrophe hatten in Deutschland die Veranstalter von Festivitäten jeder Art erfahren müssen, das man von Seiten der Behörden im Zuge der aus der Katastrophe entsprungen bürokratischen Verordnungshysterie problemlos in der Lage war, so ziemlich jede öffentliche Veranstaltung vom Megaevent bis hin zum gemeinsamen Grillen am Baggersee in Grund und Boden zu ordnen und für einen kurzen Augenblick befürchtete ich das die Früchte dieses Wahns bereits bis nach Belgien gereift waren und für den Stau auf der Zufahrt sorgte.

Das ich mit dieser Befürchtung falsch lag, machte das ungeordnete kreuz und quer deutlich mit dem sich die Fahrzeuge am Kopf des Trosses ihren Weg auf das Gelände hinter dem Einfahrtbereich bahnten. Die Reihe der Fahrzeuge an der Spitze löste sich zunehmend auf. Die Fahrzeug beziehungsweise ihre Fahrer, wurden von einem ganzen Rudel zwischen den Fahrzeugen hin und herlaufenden Kassiererinnen abkassiert, die Insassen mit einem orangefarbenen Armband versehen und danach ohne einen weiteren Hinweis zur wilden Hatz auf das Gelände freigegeben.

Bereits nach wenigen Metern auf dem Gelände wurde mir klar warum es keinerlei Hinweise auf mögliche Parkplätze gab. Nach der Entrichtung des Zufahrtsobolus lag es an dem Besucher das gesamte Gelände zu seinem Spaß zu nutzen. So fuhr man also hin wo man hinfahren wollte, man stellte sein Fahrzeug ab wo man es abstellen wollte, man schlug seine Zelte auf wo man sie aufstellen wollte, kurzum man hatte Spaß wo man Spaß haben wollte.

Für mich als Mitglied einer Gesellschaft in der zunehmend jeder feuchte Spaßfurz durch das knochentrockene Gerüst einer Verordnung zur Ordnung gepresst wurde, führte mich der hier gebotene Freiraum innerhalb weniger Augenblicke in den Zustand einer längst vergessen geglaubten und verunsichernden Reizüberflutung.

In meinem Bemühen mich zu orientieren, bog ich kurz vor dem Zentrum des Geschehens im rechten Winkel auf eine Nebenstrecke ab, um leicht schräg stehend kurz am Straßenrand anzuhalten. Schräg Einparken! Eine Idee, die obwohl ich sie eigentlich nicht im Sinn hatte, von den Fahrern der mir folgenden Fahrzeuge umgehend als eine gute Idee aufgegriffen und als solche im Kollektiv umgesetzt wurde. Während sich also in kürzester Zeit der gesamte Straßenabschnitt um mich herum mit schräg parkenden Fahrzeugen füllte, griff ich mir die Fototasche und machte mich auf den Weg zum Zentrum der Show.

Das Herz des Veranstaltungsgeländes wurde vom Startbereich der 1/8 Meilen Strecke gebildet. Um diesen Bereich, die 1/8 Meile und dem sich bis zum Horizont ziehenden Auslaufbereich war die „Show“ angeordnet. Möglicherweise hatte es ursprünglich mal so etwas wie einen Plan gegeben. Doch auf mich machte es den Eindruck, als hätte man diesen Plan, so es ihn gab, inzwischen zu Gunsten einer freien Geländenutzung aufgegeben. Während sich die gut gefüllte Händlermeile noch halbwegs geordnet präsentierte, wurde jeder weitere Platz in dieser Zone zum Abstellen von Rods, Bikes, skurrilen Fahrräder oder Seifenkisten genutzt. Die Hügel, die die Strecke zu beiden Seiten einrahmten, waren soweit das Auge reichte mit Zelten, Rods und Bikes zugebaut und über allem lag das beständige  Dröhnen der Fahrzeuge die sich der Herausforderung der 1/8 Meile stellten. Gefahren wurde, von einer kurzen Pause um die Mittagszeit abgesehen, über den gesamten Tag und mit allem was Räder hatte. Im Gegensatz zur Veranstaltungen wie zum Beispiel der Kustom Kulture in Bottrop, spielte die Kulture bei diesem Treffen eine eher untergeordnete Rolle und auch der Fokus auf die Fahrzeuge war hier ein deutlich anderer. Neben den üblichen Rods die unter amerikanischer Flagge fuhren, stach hier die hohe Dichte an Volksrods in Auge die ihre Wurzeln im deutschen Wolfsburg fanden und das Werk ihrer Geburt ursprünglich unter der Sammelbezeichnung VW verließen. Wobei bei der Summe dieser Fahrzeuge nur noch über Fragmente ihrer Ursprungsgene zu identifizieren waren.

Dem Spaß auf dem Gelände und auf der Strecke tat diese mehr als bunt zu nennende Mischung jedoch keinen Abbruch. Ganz im Gegenteil dazu kamen die energisch in die Länge gedrückt, gezogen und gepressten Buckel eines Käfers zwischen der gewohnten Formensprache der inzwischen kaum noch zu überblickenden Model A umbauten herzerfrischend anders daher und manch einem dieser Wolfsburger Krabbler gelang es ohne Mühe dem einen oder anderem Ami die Show zu stehlen.

Fazit:

The first European Moon Hot Rod & Custom Show in Chimay hat, auch wenn sie auf mich alles in allem sehr chaotisch wirkte, durchaus Potenzial und machte Lust auf mehr. Die Verbindung zu Moon blieb mir allerdings ein Rätsel. Von einer Delegation des Moon Ablegers aus Yokohama, Japan abgesehen. Glänzte das amerikanische Stammhaus durch Abwesenheit. Neben den Japanern, die eigens mit einem Dragster angereist waren und diesen auch auf der Strecke in Aktion präsentierten, hielten lediglich drei als offizielle Dealer ausgewiesene Händler die Fahnen der Kompanie hoch, die der Show als Namensgeber und möglicherweise auch als Sponsor diente. Deutlich zu wenig um den Besucher ein „Go! with MOON“ Gefühl zu vermitteln. Schön war es trotzdem und gerade weil manch einem der zu dicht an der Strecke gestanden hat, noch Stunden später die Ohren werden geklingelt haben, wird man diese Veranstaltung wohl noch länger im Gedächtnis behalten.