Im botanischen Garten habe ich mich, im Schatten auf ein Mäuerchen gesetzt und ein Mittagssnack zu mir genommen, was neben mir hundert weitere gemacht haben. Der botanische Garten befindet sich nicht nur hinter der Kathedrale, die auch hier, wie soll es anders sein Saint Étienne, dem Heiligen Stefan geweiht ist, sondern auch direkt neben dem Museum der schönen Künste von Limoges, das ich als willkommene Abkühlung besucht habe. Großartige Ausstellung! Vielseitig und sehr interessant. Kunst, Stadtgeschichte und ein kleiner Saal Ägyptische Geschichte. Selbst ein Puzzle für die Kleinen war dabei. Ich konnte nicht widerstehen...
Danach bin ich aber auch schon wieder zurück geschlendert und wieder an schönen Stellen und Bistros vorbeigekommen, die zu einem Petit Café einluden.
Pilgern muss weh tun! Und überhaupt machen Pilger das immer so...!
Als ich Dieter erzählte, dass ich neue Schuhe bekommen werde und diese auf dem Weg einlaufen muss, war er voll des Mitgefühls. Fragte ob ich denn noch genügend Blasenpflaster hätte und erzählte, dass er dieses Jahr bisher Glück hatte. Nur zwei kleine an den dicken Zehen und an den Fersen jeweils eine. Glück gehabt! Ich sagte, dass ich etwas Pech mit meinen Schuhen hatte, das Futter sei in der Ferse gerissen und dadurch habe ich ein Blase bekommen. In einem solchen Moment merkst du wie sich eine Kluft auf tut und du nicht mehr wirklich dazugehört. Und wenn Du dann noch sagst, dass du ein paar Kilometer mitgenommen wurdest ist ganz vorbei.
Schleppst du dich abends stöhnend in die Herberge und erzähltst was von heute übernommen, bestimmt drei Blasen dazu gekommen, völlig fertig. Dann legt einer den Arm um deine Schulter und sagt, das gehört zum Weg, da muss jeder durch, nur so bist du ein echter Pilger.
Der jetzige Autor sagt, ich hab es schon erwähnt, Pilger nehmen kein Zelt mit ist zu schwer! Der Autor des nächsten und letzten Führers sagt, Campingplätze erwähne ich überhaupt nicht, weil es zum Pilgern gehört in eine Herberge zu gehen. Manchmal hätte ich dann größte Lust, die Muschel in die Tonne zu kloppen um zu sagen, dass ich anscheinend kein Pilger bin. Der letzte Führer ist der Führer für den Küstencamino. Küste, da geht's am Atlantik lang und da wünsche ich mir beim Einschlafen das Rauschen der Brandung zu hören und nicht das Rauschen der Polypen meiner Bettnachbarn!
Okay, jetzt ist es so, dass ich festgestellt habe, meine Füße mögen nicht soviel Gewicht. Aber diese Erfahrung habe ich gemacht und werde mich damit zurechtfinden. Aber nicht weil es nicht der Pilgerregel 23 entspricht ein Zelt mitzunehmen.
Meine Hochachtung haben die, die pilgern und wenn sie merken, dass ihnen jemand zuhört davon erzählen. Wie z.B. Klaus, den ich auf dem Campingplatz in Liverdun getroffen habe, ich habe davon berichtet. Er erzählt von seinen Begegnungen und Erfahrungen ohne nur einmal den Zeigefinger zu heben. Es sind tolle Geschichten. Und als ich von meinen Zweifeln bzgl. der Pilgerherbergen rede, sagt er nicht, das muss aber. Er sagte, das hatte ich ganz genauso und es hat sich total geändert und vielleicht geschieht das ja auch mit dir. Mit solchen Aussagen kann ich was anfangen. Jeder macht sein Ding und wenn man gefragt wird, gibt man Antwort oder Hilfe.
Noch mal deutlich, hier geht es nicht um das pilgern, den Pilger, die Pilgerherberge sondern ausschließlich um die Gurus und noch viel schlimmer deren Jünger. Pilgern muss...
Folgende Geschichte am vergangenen Sonntag, hat mich dazu veranlasst, mir über das richtige Pilgern Gedanken zu machen:
Manchmal mäandert der Pilgerweg durch die Landschaft, an diesem Tag auch. Allerdings war da noch eine Straße im Weg. Du willst von A nach B und eine schmale, wenig befahrene Landstraße führt gradlinig dorthin. Dein empfohlender Weg aber führt direkt hinter A von der Landstraße weg, beschreibt einen Halbkreis gegen den Uhrzeigersinn um nach einigen Kilometern die Landstraße zu kreuzen, macht wiederum einen Bogen diesmal im Uhrzeigersinn um nach einigen Kilometern was zu tun? Das hat der empfohlene Pilgerweg jeweils 2, also insgesamt 4 mal gemacht. Das waren sechs Kilometer zusätzlich. Nach dem zweiten Mal trafen wir uns in einer kleinen Ortschaft, der mäanderte Weg und ich und das Pärchen aus Holland. Ich ging vorbei und weil ich hörte, dass es keine Franzosen waren, sagte ich guten Tag. Ich hörte ein Hallo und drehte mich um. Da geht es lang! Freudestrahlend, hilfsbereit! Was grundsätzlich auch nett ist, bevor man irgendwo landet. Deshalb bedankte ich mich und sagte, dass ich lieber hierher gehe. Aber sie sind doch auch auf dem Jakobsweg und zeigte auf meine Muschel. Ja, aber deshalb muss ich ja nicht zwangsläufig Zick Zack laufen, oder!? Aber richtig ist das nicht! Sagt sie. Was ist schon richtig? Schönen Tag noch! Sagt ich. Buen Caminooo! Schrie er hinter mir her. Sie erinnerten mich ein wenig an das Ehepaar aus Remscheid, von Hans Peter Kerkeling.
Gerne hätte ich erzählt, dass ich den letzten Platz im Hotel bekommen und ihnen noch gewunken habe, aber dem war nicht so. Ich habe sie zum Glück nicht mehr gesehen.
Ähnlich war es mit dem deutsch sprechenden Franzosen (siehe Berichtt vom 29.06.) der der Meinung war, dass nur der Camino Francés der einzig richtige sei. Außerdem solle ich den Stock wegwerfen und mir zwei richtige Wanderstock zulegen. Nee, den hat mir meine Freundin geschenkt! Egal, wegwerfen das taugt nichts!
In der Tat könnte ich mit zwei Wanderstöcken Gewicht von den Füßen in den Oberkörper ableiten. Aber Glasfaser, Aluminium und Kunststoff haben keine Seele, sowas hat nur ein Begleiter aus Holz und das ist mir wichtiger und wird mich deshalb auch weiter bringen. Ganz im Vertrauen? Ich habe ihm vor wenigen Tagen einen Namen gegeben.
Eine der wichtigsten Voraussetzungen zum Pilgern, zum Pilgern wie ich es meine, ist eine gute Portion Verrücktheit. Und das ist in soweit wörtlich zu nehmen, als das wir mal verrücken müssen, mal einen bewussten Schritt in eine andere Richtung tun sollten, wenn wir nicht unser Leben lang auf die Hinterköpfe unserer Mitmenschen sehen wollen. Die ihrerseits den anderen hinterher rennen, weil es so schön einfach, wenn auch langweilig ist. Da ist der verrückte Weg schon etwas holpriger, anstrengender unkomfortabeler. Aber es dein, es ist mein Weg.
Mir ist es nie wichtig gewesen den Jakobsweg zu gehen. Es bot sich irgendwie an. Das erste Mal habe ich an eine Fernwanderung gedacht, als ich in Goethes Italienreise gelesen habe. Das ist es, habe ich gedacht. Später fiel mir dann dieser wunderbare Kunstband über die Jakobswege in Europa in die Hände. Auch okay, ich habe die Italienreise völlig vergessen, bis zu dem Zeitpunkt an dem ich wieder auf Menschen stieß, die meinten, dass ich gefälligst hinter ihnen und ihren Regeln herlaufen muss.
Pilgern ist für mich altes zurück zulassen und sei nur um es sich mit etwas mehr Abstand ansehen zu können und dann neu zu bewerten.
Pilgern ist, einfach mal losgehen, sich auf den Weg machen. Ob es nun nach Santiago de Compostela ist, oder ein paar Monate quer durch Deutschland. Unter Umständen ist letzteres der bessere Weg, weil es da tatsächlich auf den Weg ankommt und nicht nur so getan wird.