Ein Tag Perl in Schlappen und ohne Rucksack. Perl ist ein kleiner Nachbarort von Schengen und in unmittelbarer Nähe zur französischen Grenze.
In den letzten zwei Tagen wurde ich von den Umständen genötigt, mehr zu laufen als ich es für möglich gehalten hätte. Am Dienstag aus Trier kommend, wollte ich bis zum 16 km entfernte Tawern laufen. Ich war spät dran, weil ich noch ein wenig eingekauft und Ansichtskarten geschrieben habe. Zudem sprang mich ein fast leerer Frisörsalon an, in dem ich mir dann noch einen Haarschnitt habe verpassen lassen. Und da ich ab Trier wieder die komplette Ausrüstung, inkl. Zelt, Schlafsack und Schlafmatte bei mir habe, wollte ich es die ersten Tage vorsichtshalber etwas ruhiger angehen lassen. Aber wie das mit den Göttern so ist, wenn sie anderer Meinung sind...
In Tawern war kein Gästebett mehr frei und da ich es für besser hielt, nicht noch 6,5 km mit einem extremen Anstieg weiterzulaufen, schellte ich beim Pfarrbüro in Hoffnung einen Schlafplatz im Gemeindehaus zu bekommen. Die Antwort: "Das tut mir leid, aber das machen wir nicht mehr, ich wünsche Ihnen aber alles Gute auf ihrem Weg."
Ein besseres Beispiel für Scheinheiligkeit ist wohl nur schwer zu finden.
Aber wenn uns das Leben eins lehrt, dann die Erkenntnis, dass vieles was uns im Anfang als Hindernis erschien im Nachhinein betrachtet, eine Trittleiter war.
Zwar kam ich auf schmerzenden Füßen in Mannebach an, war dafür aber menthal gestärkt und für den folgenden Tag, an dem es noch härter kommen sollte gerüstet.
Hier jetzt noch ein paar Infos zu Tawern. Tawern wurde bereits von den Römern als Raststätte und Umspannstation für Zugtiere genutzt. (Tawern / Taverne) Das heutige Tawern lag auf einer der wichtigen Römerstraßen, von Köln über Trier nach Metz. Von dort ging es weiter über Lyon nach Rom. So verwundert es auch nicht, dass der sich im Wald befindliche Tempel dem Gott Merkur geweiht war. Dem Gott des Gewerbes, Handels und Verkehrs.
Die Tempelanlage wurden in den 1980 iger Jahren gefunden und ausgegraben, nach dem sie von frühen Christen um 390 zerstört wurde. Eine Generation zuvor noch galten die Christen als Verfolgter Kult; bis zum Toleranzedikt von Mailand im Jahre 313. Ab diesem Zeitpunkt unterdrücken Christen ihrerseits andere Religionen.
Quelle: Jakobsweg Trier-Vézelay, von N.Rother&I.Retterath, im Conrad Stein Verlag
Mannebach... im Grunde nicht unbedingt erwähnenswert, wenn es da nicht das Mannebacher Landhotel gäbe. Eine Villa geschmackvoll vollgestopft mit Antiquitäten. Sowie das dazugehörige Landgasthaus mit eigener kleiner Brauerei. Auch hier jeder Tisch, jeder Stuhl eine Rarität. Romantisches verlängertes Wochenende? Dann mal nach Mannebach. Fußläufig zu erreichen der Saar-Hunsrück-Steig. Und für Auto und Moped einen halbe Stunde zur Mosel, nach Frankreich....
Da ich am Tag zuvor die komplette vorgeschlagene Etappe geschafft hatte, wollte ich es nun auch mit der zweiten versuchen. Mannebach-Borg / 21,7 km.
Nun ist es so, dass es bis Borg nix gibt an Infrastruktur. Keinen Bäcker, kein Lädchen... Warum ich das erzähle, weil der erste und einzige Gasthof mit Übernachtung in Borg hätte sein sollen, doch haben die Wirtsleute das Wirt sein aus Alters Gründen aufgegeben. Also noch mal 5,6 km? Zur Not hatten ich das Zelt, ohne Verpflegung, dunkle Wolken nach ca. 2 km fing es an zu regnen. Um 18.00 kam ich in Perl an. Es hat aufgehört zu regnen und ich stand am Straßenrand und telefonierte Unterkünfte ab. Von sehr preiswert, langsam teurer werdend alles ausgebucht. Ich fand dann doch noch etwas und habe mich entschlossen zwei Tage zu bleiben.
Zum einen rief fast jeder Teil meines Körpers danach, so dass es in jedem Fall Sinn macht. Zum anderen merke ich, wie mich die körperlichen Erfolge vorantreiben, anfangen zu hetzen. Und da ich diese Reise nicht angetreten habe, um in Rekordzeit Santiago de Compostela zu erreichen, muss ich noch lernen mich mehr auf den Weg als auf das Ziel zu konzentrieren. Und es fühlt sich ganz gut an, ca. 1000 m vor der französischen Grenze erst noch mal zu verharren.