Auf dem Weg

Frank Hoppe, Natur- und Landschaftsführer.
Nachdem ich vom 01.Mai bis zum 22. September 2016 von Wuppertal, nach Santiago de Compostela und darüber hinaus gelaufen bin, bearbeite ich nachfolgenden, geblogten Reisebericht um ihn in Buchform zu bringen. Darüber hinaus werde ich diese Plattform nutzen, um weiterhin über meine Freizeitaktivitäten in der Natur zu berichten und wissenswertes weiterzugeben. Schaut hin und wieder mal rein, oder gebt der Facebook-Seite "Wandern-in-und-um-Wuppertal" ein Gefällt mir. Dann bekommt Ihr automatisch Bescheid, wenn es etwas Neues gibt!
01. Setember

Wegweiser mit KilometerangabeSeit nun vier Monaten bin ich unterwegs. Und heute morgen wurde ich, wie bereits gestern angekündigt zweistellig. Es war eine landschaftlich schöne, aber vorwiegend auf Asphalt stattfindende Wanderung.
Die Herberge ist ein kleines, sehr altes Steinhaus, das von innen schön aufgemotzt wurde und dem man die Sanitäranlagen außen angebaut hat. Allerdings befindet es sich genau zwischen Weide und Bauernhof.
Da sich 100 km vor Santiago de Compostela kaum noch jemand mit Etappen unter 30 km abgibt, sind wir nur zu viert. Ein Vater mit seiner Tochter sowie eine weitere junge Spanierin, die es aber vorzog sich zu Vater und Tochter zulegen als zu einem vermeintlichen Sittenstrolch. Ist mir sehr Recht, dann habe ich die Ecke hier, mit den drei Etagenbetten für mich allein.
Ich habe so das Gefühl, dass nicht mehr so viel passieren wird, so wie ich mich im Abwander-Spanisches MilchviehModus befinde, befindet sich auch die Landschaft im Selben. Die Berge liegen hinter mir, die Landschaft ähnelt wieder mehr dem Bergischen oder der Voreifel, was natürlich auch sehr schön ist. Morgen oder Übermorgen geht es noch einmal von 400m auf 700m hoch.
Vielleicht gibt es noch mal besondere Vorkommnisse, wenn ich am Sonntag auf den Hauptweg, dem Camino Francés stoße. Es soll für jeden, der vom Primitivo kommt ein Schock sein. Na, vielleicht hält es sich auch in Grenzen, da wir Anfang September haben und es langsam ruhiger wird auf den Wegen.
Das Erreichen von Santiago wird natürlich ein Highlight. Ebenso wie das Erreichen des westlichsten Punktes des Europäischen Festlandes.
Unbedingt werde ich auch die letzten 82 km genau hinsehen wohin meine Schritte lenke, damit nicht ich es bin der für besondere Vorkommnisse sorgt.
29. August

Heute bin ich in Lugo, ich nenne es mal die Kreisstadt angekommen. Die Berge haben mir anscheinend gut getan, denn ich bin die 23 km in Bestzeit gelaufen.
In den letzten Tagen hatte ich einen emotionalen Durchhänger. Oder habe ich seit zwei Tagen einen emotionalen Durchhänger?
Nach einer solchen Reise, kurz vor ihrem Ende zu stehen, kommt doch heftig. Gestern sagte ein Berliner zu mir, in Lugo kannst doch die nördliche Variante gehen, dann hast noch mal zusätzlich 60 km und musst deine Etappen nicht so winzig machen.
Ich habe es mir zwar angesehen, habe mich aber bereits mit dem Abwandern in Slowmotion angefreundet, so dass ich jetzt nicht wieder was neues anfange.
Eben war ich bereits in der privaten Herberge und habe mich dort für morgen und übermorgen eingebucht. Heute nehme ich noch mal die Pilgerherberge. Die übrigens hier in Galizien einen sehr hohen Standard haben.

30. August

TapaskulturDiese Galizier, in ganz Spanien gibt es unterschiedliche Tapaskulturen. Im nördlichen Mittelmeerraum inkl. der Balearen, ist es eher üblich sich seine Portionen aus Vitrinen die auf der Theke stehen zusammen zu stellen. Da ich mich wie die meisten vorwiegend dort aufgehalten habe, war ich über die Tapasspieße im Baskenland sehr verwundert. In Kantabrien, gab es die Tapas, die man sich in der Karte aussucht in kleinen Schälchen. In Austurien wunderte ich mich etwas über das scheinbare Fehlen der Selben.
Seit einigen Tagen bin ich ja nu in Galizien und habe mich gefreut, dass gelegentlich die Bedienung mit einem Tablet rum lief und Häppchen verteilte. Hier in Lugo, wo die Kneipekultur natürlich eine andere ist als auf dem Land, sieht es noch mal ganz anders aus.
Ich habe mir mein Abendessen im Supermarkt gekauft und in der Herberge warm gemacht. Auf Tapaskultur 2eine Flasche Wein habe ich verzichtet, weil es dann immer etwas viel ist. So bin dann später in die Gassen verschwunden um zwei bis drei Gläser Wein zu trinken. Erste Kneipe, Wein war nicht lecker, Kellner unfreundlich, brachte aber Tortilla. Ich ging weiter zu einer netten kleinen Bar. Sehr guter Rioja, ich bestelle immer den Hauswein und auch da sind die Unterschiede riesig. Also guter Wein, freundliche Bedienung und... es gab Tortilla, auf die ich verzichtete, diese wunderbaren Kroketten mit diesem Käsematch drin, sowie kleine Empanadas, Teigtaschen mit einer Tomatenfüllung. Das wollte ich dann aber ganz genau wissen und ging für das dritte Glas in die dritte Taverne. Auch hier gab es wieder einen Rioja, ein großes Stück Thunfisch-Enpanada und 5 Minuten später einen kleinen Spieß mit frisch, auf den Punkt gebratene Hähnchenstücke. Unglaublich! In der Nachbarkneipe, zog der Kellner mit wieder anderen Leckereien durch die Gäste. Ich habe aber widerstanden und bin Heim in die Herberge zu meinen 21 Zimmergenossen und Genossinnen gegangen.

31. August

Herberge im Tal des Rio Miño mit RömerbrückeDie Privatherberge liegt malerisch im Tal an einem Fluß, unmittelbar am Camino und dem Hinweis, dass es noch 101 km bis Santiago sind. Also bleibe ich noch zwei Tage dreistellig, um morgen am 01. September nach genau vier Monaten zweistellig zu werden.
Ich habe gestern einen gaaanz ruhigen Tag gehabt und das Tal auch nicht verlassen. Heute früh habe ich mir einen Tee mit ins Bett genommen und den Tatort von Sonntag, HAL gesehen. War ja nicht schlecht, oder?
Um zehn ging ich zwanzig Minuten lang den Berg zur Stadt hoch um einen Besichtigungstag einzulegen. Ohne Rucksack war der Berg auch kein Thema. Auf der römischen Stadtmauer habe Römischer Stadtmauer in Lugoich eine komplette Runde gedreht. Beeindruckend, dass sie noch komplett besteht, aber sie gab keine Fotomotive her. Vielmehr gab sie den Blick frei auf viele häßliche Ecken der Stadt. Danach war ich in der Kathedrale, die aus katholischer Sicht eine Sonderstellung in Bezug auf die Monstranz einnimmt, die aber für mich, der das Barock nicht so schätzt, völlig überladen war. Am Gebäude selbst, wurde 700 Jahre lang rumgewerkelt, sodass es alle nur möglichen Baustile aufweist, während der Innenraum von Engeln des barocken Rokokos vollgestopft ist. Wer's mag...
Dann eine Kaffeepause... Zum Glück ist mir vor der Bestellung das Fehlen meines Portemonnaies Kathedrale Santa Maria in Lugoaufgefallen. Super! Berg wieder runter und weil ich noch Lebensmittel für Morgen brauche und es keine Läden im Tal gibt, werde ich mein Sideseeing am späten Nachmittag fortsetzen.
Es war ein schöner Spätnachmittag in Lugo, bei einer Portion Chocolate mit Churroz und später einigen Tapas beim Wein.
Morgen geht es dann weiter, dreistellig nach, jetzt kommts, San Román da Retorta-San Romao. Knapp 19 km. Die nächste größere Stadt wird dann Santiago sein.
27. August

Der blöde Busfahrer... Aber vielleicht hat er mich vor einen herabstürzenden Ast bewahrt...
Nachdem ich gemerkt habe, dass mir 25 km durch die Berge zu viel sind, wollte ich von den heutigen 26 km, zehn mit dem Bus fahren.
Ein schöner Überlandbus, der bis ins 60 km entfernte Lugo fährt, fuhr um 8.45 h. Ich fragte ob es möglich sei in Degolada auszusteigen. Natürlich! 2,25 € und ab die Post. Bis zu meinem 26 km entfernten Etappenziel sollte der Bus dreißig Minuten brauchen, nach zwanzig wurde ich stutzig, es gab aber keine Möglichkeit mehr zu halten.Schwantzende Busfahrer
In Cádavo, meinem Etappenziel hielt er sowieso und ich fragte, was denn mit Degolada gewesen sei. Fahrer und Beifahrer, die sich unterwegs nett unterhalten haben, klatschten sich auf die Stirn, der Fahrer meinte, dass gleich ein Bus in Gegenrichtung kommt und dass ich eigentlich zu wenig bezahlt hätte. Was haben wir gelacht! Der Beifahrer schlägt mir lachend auf die Schulter und meint, dass man es mit der Lauferei nicht übertreiben soll. Kann ich ihnen böse sein, sofern ich alles richtig verstanden habe?
Tja, nun sitze ich hier bereits seit einer Stunde in einer Bar, in Cádavo und dachte gerade, dass ich doch mal ein paar Worte zum blöden Busfahrer schreiben könnte.
Wenn ich jetzt die Kurzetappe von Morgen laufen würde, würde es auch bedeuten, dass ich wegen des gestern beschriebenen Etappenmangels, in Lugo noch eine Nacht länger bleiben müsste. Und da nehme ich dann doch lieber die preiswerte Pilgerherberge hier. Denn, in einer offiziellen Pilgerherberge darf ich nur eine Nacht bleiben.
Aus dem Grunde habe ich meine Etappen so eben ein weiteres Mal modifiziert und fünf Schlenderetappen unter zehn Kilometer eingebaut. Damit komme ich jetzt nochmals auf elf Etappen.
In Lugo erwartet mich eine besichtigungswürdige Altstadt aus der Römerzeit und eine zweieinhalb Kilometer lange, begehbare Stadtmauer, die ebenfalls bereits von den Römern gebaut wurde, sodass es mir dort in den zwei Tagen nicht langweilig wird.

28. August

Camino PrimitivoDie Etappe nach Castroverde, war eine erste Schlenderetappe von nur acht Kilometern durch leicht gehbare Waldgebiete, sodass ich auch hier wieder warten musste bis die Herberge um 13.00 h öffnete. Es war eine ganz neue Herberge mit viel Platz und die einer sehr guten Einrichtung besaß.

Am nächsten Tag sollten und mussten es 23 km werden. Und Lugo, eine Stadt von der man so ja noch nicht wirklich viel gehört hat, soll mich angenehm überraschen...
24. August

Kurz vor acht. Eben habe ich meinen ersten Dauerlauf mit Rucksack hingelegt. Ich war bereits ein ganzes Stück den Berg rauf, als sich unter das Wuopp, Wuopp der Windräder ein Grummeln schob. Als ich den ersten Blitz sah, fing es auch schon an zu regnen. Bevor die Tropfen so richtig groß wurden hatte ich die Herberge, die ich kurz zuvor verlassen hatte wieder erreicht und mir einen weiteren Tee gemacht.
Es sieht bereits schon wieder ganz gut aus, aber ich finde, dass ich mit einem Gewitter in den CumulonimbusBergen kein unnötiges Risiko eingehen muss, zumal eine feste Behausung in Reichweite war.
Ich glaube, dass da gerade meine Französin mit zwei Stöcken und Regencape angestakst kommt. Ja das Gewitter hat mich etwas zurückgeworfen, denn die aus dem Nachbardorf waren bereits unterwegs, als der Regen kam und konnten sich nur unter die Ponchs retten. Aber wie sagen meine Freunde, die Spanier so schön? Todo tranquilo, immer ruhig! Ich packe dann aber auch wieder zusammen und dann sehe ich weiter. Die Schwalben sind auch wieder unterwegs, ein gutes Zeichen.
Über den WolkenNach 200 Höhenmeter war der Scheitelpunkt erreicht und von dort an ging es neun Kilometer nur Bergab, die Arbeit von über 900 Höhenmeter dahin. Allerdings war es ein ganz toller Weg zunächst durch Kiefernwald, gesäumt von Erika, später wurde daraus ein völlig verwachsener und vermooster Altwald. Herrlich ruhig und es duftete nach dem Regen ganz vorzüglich.
Der Stausee, wurde an der Staumauer überquert und unmittelbar danach, gings auch wieder hoch, anderthalb Stunden lang. Auf halben Weg fing es heftig an zu Gewittern. Und es ist ja schon gigantisch, wenn nach so einem Dreierblitz, der entsprechende Dreifachdonner durch die Täler zieht und du meinst, die Luft vibriert. Herrlich! WennStausee mGrandas de Salime ich dem Gewitter schon nicht aus dem Weg gehen kann, kann ich es wenigstens genießen.
Du kannst hier natürlich nicht das Spiel -Vor Eichen weichen, Buchen suchen- spielen, weil es keine Buchen in Spanien gibt. Jede Menge Eichen, aber keine Buchen. Ja natürlich sucht sich der Blitz immer die höchste Stelle, aber... Wenn du unter einer Buche stehst, wenn der Blitz einschlägt ist das so, als würdest du in Birkenstock mit Korksohle einen Nagel in die Steckdose stecken. Nicht schön aber auch nicht tragisch. Die Eiche aber, als Störfeldliebhaberin, steht total gerne auf Wasseradern, im Feuchten und wenn da der Blitz einschlägt, kommt es so als würdest du den Nagel in die Steckdose stecken, während du in einer mit Wasser gefüllten Fußwanne stehst. Gewaltig!

Mittlerweile hängt meine Wäsche auf der Leine und ich habe den ersten kleinen Smalltalk mit, naaa? Meiner Französin gehalten.
Kapelle der heiligen Barbara ganz aus SchiefenIch befinde mich mich im spanischen Schiefergebiet. Du meinst du bist im Bergischen oder im Hunsrück. Alles ist hier mit Schiefer verkleidet, die Dächer mit Schiefer gedeckt, oder ein Haus ganz aus Schieferstein gebaut. Selbst der Boden der Herberge ist mit Schiefer gefliest.
Stabil will das Wetter heute nicht werden, gerade habe ich meine Wäsche trocken von der Leine geholt, geraten Mitpilger völlig aus dem Häuschen, weil es wieder regnet und die Wäsche draußen hängt.
Und morgen werde ich zu allem Überfluss, auch noch die Grenze nach Galizien überschreiten, das als das Regenloch Spaniens gilt. Aber mit meinem Poncho, laufe ich so, aber sowas von wasserdicht durch die Gegend, dass ich manchmal meine ich hätte ein Hauszelt auf dem Kopf.
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Natürlich bekommt ihr auch diesen Poncho von EXPED, bei Walkabout in Bochum! Neben der Ponchfunktion ist er so zu knöpfen, dass er in Kürze zu einem Tarp oder einem wasserdichten Biwaksack umfunktioniert werden kann. Allererste Sahne! Und sollte er mal nicht auf Lager sein, kann er sehr kurzfristig besorgt werden.

26. August

Wie immer war auch gestern ab sechs Uhr großes Aufbrechen. Allerdings war in allen Räumen, Küche, Aufenthaltsraum so viel Herktik und Lärm, dass ich liegen blieb bis es gaaanz ruhig war. Dann habe ich mich in Ruhe fertig gemacht, gefrühstückt und war erst um Viertel vor Neun auf der Straße.
Borderline GrenzgängerDas schöne daran, dass die Herbergen soweit auseinander liegen ist, dass ich genau wusste, überholen tut mich keiner mehr, ich bin heute hier der letzte.
Der Nachteil, du kannst dir den Weg nicht einteilen, wie es dir gefällt und was wichtiger ist, wiedu es glaubst zu schaffen. Du kannst nur sagen, das muss ich schaffen. Und dass ich gestern meine persönliche Grenze überschritten habe, habe ich gemerkt, als ich nach einem leichten Abendessen, dass ich bereits um sieben zu mir genommen habe, zitternd und frierend Richtung Herberge schlurfte und komatös einschlief. Die gestrigen nur 25 km, fingen mit einem vierstündigen Aufstieg an und hatten in ihrer Folge noch so einige Highlights zu bieten, sodass ich wieder in der Gesamtheit auf knapp 1.000 Höhenmeter kam, was für mich mit dem Rucksack definitiv zu viel ist.
90% der Pilger, hier auf dem Camino Primitivo, sind nicht nur deutlich jünger, sondern haben auch Rucksäcke die kleiner sind als Carinas Handtasche. Und die ist nicht groß, die Handtasche. Das ist hier auch nicht ganz so schwer, weil der Camino Primitivo mit seinen 650 km in vier Wochen zu schaffen ist, sodass leichtes Gepäck kein Problem darstellt. Wenn du für mehrere Monate packst, ist es schon was anderes.
Mich persönlich stellen die langen Etappen noch vor ein ganz anderes Thema. Ich treffe mich am 09.09. mit Carina in Santiago de Compostela und ich habe eine durchschnittliche Etappenlänge von 14 km errechnet. Gestern habe ich die Etappen bis Santiago durchgeplant und komme, mit Goodwill und Etappenlängen von teilweise unter 10 km nicht über 11 Etappen und bis zum 09. September sind es noch 15 Tage.
Also werde ich schon mal heute hier in Fonsagrada ein Tag der Regeneration, mit Wäsche waschen verbringen. Fonsagrada ist eine nicht schöne Stadt auf dem Berg. Interessant, dass sie bereits 15 km vor Erreichen immer wieder gesehen werden kann, aber doch noch etliche Täler entfernt ist.
Der Weg gestern war eher unscheinbar, natürlich gab es auf dem Pass wieder eine herrliche Blauer Enzian GentianaFernsicht, die sich aber von denen der letzten Tage nicht unterschied, sodass selbst ein Foto überflüssig wurde. Im Grunde ist es zur Zeit ein Abwandern. Was natürlich nicht heißt, dass ich jetzt mit gleichgültigen Augen durch die Gegend laufe.
Zum Beispiel ist mir mein erster blauer Enzian untergekommen. Bisher hatte ich in Bayern nur den gelben Enzian, ein ganz anderer Planzentyp sehen und fotografieren dürfen. Und schon trällerte der olle Heino in mir, Blau, blau, blau blüht der Enzian, wenn...
Und noch, eine Besonderheit gab es. Ich betätigte mich als Grenzgänger und verließ das PulperiaHerzogtum Austurien um nach Galicien einzuwandern. Den Genießern der spanische Küche wird der Pulpo galicischer Art ein Begriff sein, dass aber jedes Restaurant und jede Bar den Beinamen Pulperia trägt, hat mich dann doch überrascht.
Ebenso wie gestern Morgen, ist es auch heute sehr nebelig. Ein gutes Relaxwetter!
22. August

Camino PrimitivoNachdem ich heute früh den Eindruck hatte, dass mir jeden Moment ein erfrorener Finger abfällt, wurde es im Laufe des Tages noch so richtig heiß. In den Tälern, in denen die Luft stand, hatte es die Atmosphäre einer finnischen Erdsauna, nicht nur wegen der Hitze, sondern im Besonderen wegen der Kiefernwälder, die dieses wunderbare Aroma abgeben.
Die Etappe wäre anstrengender gewesen, wenn ich sie nicht etwas modifiziert hätte. Von der Herberge aus etwas Straße, dann einen Weg steil runter, wieder steil rauf auf die Straße, über die Straße einen Weg steil rauf, wieder steil runter, über die Straße und sehr steil runter um dann natürlich unglaublich steil wieder rauf zur Straße zu führen. Das habe ich also diese dreimal mitgemacht, danach funktionierte meine App wieder und ich sah, dass sich das Ganze noch bestimmt fünf Mal wiederholen soll.
Als Fußgänger mit spanischen Autofahrern auf einer kurvigen Landstraße ist zwar nicht ganz ungefährlich, aber ersten gibt es ja diesen Erlass von Papst, ich glaube Clemens war es, der besagt, dass Pilger die auf dem Weg nach Santiago de Compostela um Leben kommen, unverzüglich ohne irgendwelche Fegefeuer-Umwege heim ins paradisische Reich kommen. Und zweitens war es mir einfach viel zu blöde dieses unsinnige Auf un Ab in der Hitze. So wurde aus einer als anstrengend Viva Coloniaangekündigte Etappe eine mittelschwere.
Mittendrin, höre ich meine innere Stimme Viva Colonia gröhlen und Zack Ohrwurm, um den weg zu bekommen, habe ich es mal mit, mer losse de Dom in Kölle... versucht, aber so schnell lässt sich er sich nicht austricksen, der Ohrwurm. Ich wusste überhaupt nicht wie dazu gekommen bin. Und dann passiere ich das Ortausgangsschild... Colonia de Aribba. Ich habe es mir zur Angewohnheit gemacht, die Ortsschilder laut zu lesen, an denen ich vorbeigehe. Au Mann!

In Grado, also vor fünf Tagen gab es eine Französin, ich schätze mal Ende Sechzig die ständig irgendetwas rumzuwuseln hatte. Als sie abends ein Teil des Geschirrs abtrocknete, kam ich dazu um den Rest zu spülen. Als ich einen Teller in den Geschirrkorb stellte, nahm sie ihn und hielt ihn unter den Wasserhahn. Als ich eine saubere Tasse in den Geschirrkorb stellte, nahm sie sie und hielt sie unter den Wasserhahn. Okay, sagte ich, dann mach alleine! No, no! Doch, doch! Am anderen Morgen, Frühstück ab 6.15 h bis 7.30 h ich kam um sieben und war der letzte. Meine Herberge PeñasetaFranzösin kam freudestrahlend auf mich zu und fragte was ich denn essen wolle. Ich nehme mir schon was! Ja aber, Toast Kuchen, Marmelade.... Ich sehe das alles und nehme mir gleich etwas davon!!!! Sie fängt an den Tisch abzuräumen. Ich gehe in die Küche und nehme mir die Dinge die ich haben will auf einen Teller und sage ihr, dass sie den stehen zu lassen hat. Als ich mir Wasser für einen Tee machen wollte, wollte ich mir heißes Wasser aus der Leitung nehmen damit es schneller geht, zumal es eh gekocht wird. Der erste Tropfen kommt aus der Leitung, sie den Wasserhahn auf kalt. Ich entsetzt, drehe ihn wieder auf heiß. Sie no, no! Wasserhahn wieder auf kalt. Ich, auf Deutsch und einem Blick der keine Zweifel aufkommen lässt, WENN DU NOCH EIN MAL DEN WASSERHAHN ANFASST, HACKE ICH DIR DIE FINGER AB!! Sie schob beleidigt ab, weil das schließlich nicht gesund sei. Sie blieb dort noch einen Tag länger, was mich sehr freute, so lief ich nicht Gefahr in der nächsten Herberge wieder auf sie zu stoßen. Ein Kümmersymdrom denke ich mal, was dann heute im Grunde bestätigt wurde. Ja heute! Ich habe schließlich auch zwei Nächte in einer Herberge verbracht. Nette kleine Herberge, außer mir nur eine Person... Oh Mann! Das erste was sie macht, sie drückt mir ein Glas Wasser in die Hand. Ist ja auch nett. Nachdem sie es ca. eine Stunde ausgehalten hat hin und her zu laufen, fragte sie mich, es gibt zwei Schlafecken hier in der Herberge, ob ich einen Kaffee will. Nein, aber gerne Wasser für Tee. Oh, es gibt keinen Tee. Ich habe Tee, möchtest Du auch einen Tee?
Wir trinken Tee, und sprechen von ihren vier und meinen fünf Kindern, eins ihrer Enkel hat Asthma. Über deutsche und französische Großstädte und den Nationalitäten auf dem Camino. Wir gehen zusammen zur Kneipe Abendessen und teilen uns die kleine Rechnung. Sie ist Hausfrau und kümmert sich. Sie möchte auflegen, nein danke ich nehme mir gerne selbst. Ich lasse den Rest Tortilla fürs Frühstück einpacken. Sie findet das eine gute Idee und deckt schon Mal den Tisch, bereitet das Wasser vor. Und wenn wir dann morgen noch gemeinsam gefrühstückt haben, müssen wir aber auch sehen, dass wir Abstand zueinander finden.

23. August

Während des Frühstücks erzählte mir Juliene, dass sie von einer amerikanischen Koreanerin, die hier auf dem Camino umgebracht wurde gehört hat. Und als die Polizei den Täter gefasst hatte, haben sie mehrere Leichen gefunden. Sie hätte schon ein komisches Gefühl. Ne, ne, ne! Das kommt aber gar nicht in Frage! Gerne mache ich mir Vorwürfe und gerne darf sie mir ein oder zweimal im Schlaf erscheinen. Soweit kommt es noch!

Es waren heute über tausend Höhenmeter, einmal sechshundert am Stück auf acht Kilometer, Camino Primitivo zweimal hundertfünfzig und noch ein paar kleine. Die ersten acht Kilometer, direkt am Morgen verliefen zum Teil in Wald, an Bächen, auf schönen Wegen und waren noch angenehm zu gehen. Bei den nachfolgenden Steigungen, in der Mittagssonne, habe ich gedacht ich schmeiß mich weg. Alle Hinweise lauteten, sich für zwei Tage zu bevorraten, da es auf die nächsten zwei Etappen, keine Einkaufsmöglichkeiten gibt. Heißt, zweimal Abend, zweimal Frühstück und Snacks für Mittags. Also noch mal ein paar Kilos extra, weil viele Herbergen nur über Mikrowelle verfügen, gehen auch keine Tütensuppen.

Ich nehme alles zurück was ich über den Weg gesagt habe. Fast alles! Manches! Wie dem auch sei, ich habe gerade die zweite Steigung hinter mir, wobei die Abstiege auch nicht zu unterschätzen sind, da möchte ich zwingend eine Cola! Meine innere Stimme sagt, 15 km bis zur ersten Bar, also noch sechs cirka.
Du hast damals doch auch Wasser in Wein und so, kannst nicht auch Cola?Fata Morgana
Und was willst du mit lauwarmer Cola?
Pfff! Ich wünsche mir jetzt offiziell eine kalte Cola, Coca Cola!
Der Weg traf nach langer Zeit wieder auf die Straße und ich dachte ich hätte ne Fata Morgana. Steht da ein junger Mann mit Lieferwagen, in dem sich kleine Kühlschränke befinden, zwei Tische mit Stühlen und Sonnenschirmen, standen daneben. Noch Fragen? Nenne es Wunder oder Zufall... Obwohl, etwas kälter hätte sie sein dürfen.

Die erste Herberge habe ich heldenhaft rechts liegen gelassen, ich hatte es eh vor, weil ich dann morgen, wieder eine heftige Etappe, fünf Kilometer weniger habe.Wenn ich hier fertig bin, bewerbe ich mich bei den Seals...
Und wer kam mit Wäsche auf dem Arm aus der ersten Herberge? Richtig Juliene! Freundlich gegrüßt und weiter.
Camino PrimitivoAnderthalb Stunden später kam ich in La Mesa an und fand eine kleine, eigentlich ganz nette Herberge vor. Uneigentlich sind alle Außenwände des Schlafsaals verschimmelt. Ich habe mir ein Bett in der Mitte des Raumes genommen und die werde bestimmt in der einen Nacht nicht dran sterben. Ansonsten ist es hier toll ruhig. Ganz anders als in und um der Herberge, an der ich zuletzt vorbei ging.
Es war ein ganz toller Wandertag! Beginnend in engen Tälern mit kleinen Bachläufen, knackige Aufstiege belohnt durch gigantische Ausblicke.

Der Etappenguide meiner Camino-App sagt, steiler Abstieg bis zum Stausee. Wir befinden uns hier auf ungefähr 950 m, direkt hinter der Herberge verläuft der Weg erst mal bergauf bis auf 1.150 m, dann geht es stetig und steil abwärts bis auf 190 m, um dann nach weiteren 600 Höhenmeter, Grandas de Salime zu erreichen.